Ein Tag im Leben... einer jungen Mutter

Ich bin 22 Jahre alt und Mutter von 4 Kindern im Alter zwischen 7 Jahren und 9 Monaten. Ich wohne in einem ca. 2000 Einwohner zählenden Dorf 15 km von der Hauptstadt Antananarivo entfernt. Mein Mann arbeitet bei einer Frau im Nachbardorf auf der Farm.

Mein Tag beginnt um 5h morgens. Als erstes zünde ich den Fatampera (ein tragbarer Ofen aus Altblech, der mit Holzkohle betrieben wird) an, dann spüle ich das Geschirr vom Vorabend und kehre den Hof. Damit fertig, stelle ich entweder das Tee-/Kaffeewasser oder den Reis auf den Fatampera, damit das Frühstück parat ist, sobald die Kinder wach sind. Um 6h werden sie geweckt und wir frühstücken alle zusammen. Es gibt entweder Kaffee bzw. Zitronengrastee und Brot oder aber süssen Reisbrei. Ich wechsle damit jeden Tag ab. Die Mahlzeiten nehmen wir auf einer Matte auf dem Boden sitzend ein.

Ist das Frühstück beendet, mache ich mich und die Kinder fertig; sie werden gewaschen und gekämmt und die beiden Kleinen, ein Junge und ein Mädchen, deponiere ich bei meinen Schwiegereltern, die in einem der 6 Häuser, die sich im gleichen Hof befinden, wohnen. Die zwei ältesten Mädels bringe ich anschliessend zur Schule. Um 7h30 verlassen wir das Haus, der Fussmarsch zur Schule nimmt etwa 15 Minuten in Anspruch. Unterwegs kaufe ich Obst oder Kekse als Pausenbrot.

Um 8h bin ich wieder zurück, hole die Kleinen bei ihren Grosseltern ab und stille die Jüngste. Wenn sie dann danach eingeschlafen ist, putze ich das Haus, d.h. das Zimmer, in dem wir alle wohnen und schlafen und den Gang. Um 9h30 zünde ich wieder das Holzfeuer an und setze den Reis für das Mittagessen auf. Ich wecke die Kleine und nehme sie mit aufs Feld, das 10 Minuten vom Haus entfernt ist. Um 10h bin ich dort, setzte die Jüngste auf ein Bananenblatt und mache mich an die Arbeit. Ich jäte und giesse die Pflanzen – Küchenkräuter, die ich 1x pro Woche in ein Hotel in der Stadt liefere. Diese Aktivität habe ich erst vor kurzem begonnen und ich hoffe, dass ich noch weitere Kunden für meine Kräuter finde.

Wieder im Haus zurück, nehme ich den Reis vom Feuer und bereite die Beilage zu. Um 11h15 deponiere ich die beiden Jüngsten wieder bei den Grosseltern und hole meine Mädels in der Schule ab. Wenn wir dann gegen Mittag zurück sind, wird sofort alles für das Mittagessen vorbereitet. Die Älteste hilft mir dabei. Sie breitet die Matte auf dem Boden aus und bringt die Kochtöpfe mit dem Reis und der Beilage herein. Wir essen, auch wenn mein Mann noch nicht von der Arbeit zurück sein sollte. Sind wir mit der Mahlzeit fertig, lege ich die beiden Kleinen ins Bett zum Mittagsschlaf und bringe die beiden Grossen um 13h30 wieder zur Schule.

Der Nachmittag ist für die Wäsche reserviert. Bei 4 Kindern und 2 Erwachsenen fällt da allerhand an und weil alles von Hand gewaschen wird brauche ich dazu die gesamte Zeit bis ich um 16h die Kinder wieder von der Schule abhole. Nun gehe ich auf den Markt, um die Sachen für das Abendessen und das morgige Mittagessen einzukaufen. Sobald ich wieder im Haus zurück bin, zünde ich um 17h30 das Feuer an und bereite unsere Mahlzeit für den Abend zu. Bevor wir aber um 19h30 essen, wasche ich die Kinder und wiederhole mit den zwei Schulgängern ihre heutigen Lektionen. Am Abend sind wir immer vollzählig, da um diese Zeit auch mein Mann anwesend ist. Anschliessend halten wir einen kleinen Gottesdienst ab und um 21h gehen wir alle schlafen, denn morgen heisst es wieder um 5h aufstehen und alles beginnt von vorn.

Diese Routine wird in der Regel 2 mal pro Woche unterbrochen und zwar dann, wenn ich das Hotel in der Stadt beliefere oder wenn ich bei einer in einem Vorort von Tana lebenden Europäerin putzen gehe. Selbst der Sonntag unterscheidet sich kaum von meinem Alltagsleben. Der einzige Unterschied ist, dass die Kinder nicht zur Schule gehen.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir mehr Zeit für mich wünschen. Jetzt fühle ich mich müde und erschöpft. Doch ich denke, wenn die Kinder einmal grösser sind, habe ich mehr freie Zeit, die ich mir selber widmen kann. Ich möchte gerne die Anbaufläche für die Küchenkräuter vergrössern, um mehr Kunden beliefern zu können. Auch würde ich Sprachen lernen, damit ich den hier lebenden Ausländern meine Ware anbieten könnte. Die Arbeit auf dem Feld macht mir sehr viel Spass, denn ich liebe die Natur, das Arbeiten im Freien und vor allem bin ich unabhängig und kann mir meine Zeit selbst einteilen. Jetzt wird mein Tag stark von dem Stundenplan der Kinder regiert, dem ich mich anpassen muss.

Ein weiterer Punkt, der mich stört, ist die Enge. Zum einen leben wir zu sechst in einem 12 m2 kleinen Zimmer und zum zweiten teilen wir den Hof, den Brunnen und das Plumpsklo mit 5 weiteren Haushalten aus der Familie meines Mannes. Es ist zwar bequem, dass ich die Kinder da lassen kann, wenn ich weggehe, aber andererseits mischen sie sich zu sehr in die Erziehung und unser Eheleben ein. Wir haben nun begonnen, etwa 300 m entfernt von hier, ein kleines Häuschen für uns alleine zu bauen. Sobald wir etwas Geld übrig haben, wird es für den Hausbau genutzt. Die Mauern sind schon hochgezogen und das Dach mit Gras gedeckt. Dort haben wir dann 2 Zimmer und eine Küche. Der Brunnen ist auch schon fertig und es gibt genügend Umschwung, um Gemüse, Kräuter und Blumen anzupflanzen. Dort fühle ich mich wohl und wenn es mir mal zuviel wird mit den Familienverpflichtungen, gehe ich dorthin, um aufzutanken.


 

Fotostrecke: ein Tag im Leben
 

   

Cathy überreicht ihre jüngste Tochter Finaritra (was vergnügt oder gesund heisst) ihrer Schwägerin. Diese wohnt gleich nebenan und übernimmt für die nächsten Stunden die Funktion des Babysitter. Irgendein Familienmitglied ist in der Regel immer zur Stelle, das auf die Kinder aufpasst, wenn sie ausser Haus muss und die Kinder nicht mitnehmen will. 




In der Küche, die etwa 2m x 2m misst, wäscht sie das Geschirr. Das Wasser wird aus dem Brunnen im Hof mit Eimern hierher getragen. Es gibt weder Kühlschrank noch Kochherd: Das Geschirr besteht aus Aluminiumkochtöpfen, Tellern und Schüsseln aus Plastik oder Email. Die Bratpfannen und die Topflappen, die an der Wand hängen, hat sie von der Europäerin bekommen, bei der sie ab und zu putzen geht.




Der Fussboden in dem Zimmer, in dem die Familie schläft, wohnt und die Mahlzeiten einnimmt, ist aus Zement. Er wird mit der Hälfte des Faserteils, das die Kokosnuss umhüllt, gereinigt. Einerseits benutzt man dieses „Gerät“, um Schmutz und Staub zu entfernen und andererseits zum polieren. Da es mit dem Fuss bedient wird, kann mehr Druck ausgeübt werden als dies mit einem Besen der Fall wäre.




Im Hof setzt Cathy Wasser für den Reis auf. Sie benutzt dazu den traditionellen Ofen, der aus Blech gefertigt ist und mit Holzkohle betrieben wird. Sämtliches Essen wird damit zubereitet. Selbst die Stadt-bevölkerung kocht mit diesem „fatampera“.




Eine leere Büchsenmilch-Dose dient als Mass für den Reis und andere Waren. 3 ½ „kapoaka“ ergeben 1 kg Reis. Die Land-bevölkerung zieht den roten Reis dem weissen vor, da er mehr Geschmack und mehr Vitamine hat. 
Das „sahafa“ (Getreideschwinge) besteht aus einer Legierung aus Aluminium und Eisen. Bei der Landbevölkerung wird das  „sahafa“ aus Naturmaterialien geflochten.




Im Freien wird der Reis mittels dem „sahafa“ geworfelt. So wird die leichtere Spreu durch den Wind von den Körnern getrennt.  




Während der Reis sich selber überlassen wird, geht Cathy mit den beiden Jüngsten aufs Feld. Der Weg führt durch hohes Gras. Es geht leicht abwärts und der 3-jährige Fandresena (Sieg) muss geführt werden. Die 9 Monate alte Kleine wird den ganzen Weg über getragen. Sie bringt stolze 8 kg auf die Waage.




Auf dem Feld angekommen, schneidet sie ein Blatt von einer Bananenstaude ab. Dies macht sie mit einer Hand, da sie das Baby immer noch auf dem Arm hat. Dazu benutzt sie die linke Hand, obwohl sie nicht linkshändig ist. Sie ist es gewohnt, Finaritra rechts zu tragen.




Die beiden Kinder werden auf das Bananenblatt gesetzt, und erhalten unreife Guaven zum Spielen. Die Mutter kann nun ihrer Arbeit nachgehen. Sie jätet und pflückt anschliessend von dem grünen Gemüse, das am Mittag als Beilage zum Essen dient.




Hier ist Cathy mit den zwei Ältesten unterwegs, die sie von der Schule abgeholt hat. Die 7-jährige Rova (Palast) – links im Bild - muss auch schon etwas im Haushalt mithelfen, die 5-jährige Mendrika (würdig) ist noch davon befreit. Bei den 3 Kindern im Hintergrund ist die blaue Schuluniform gut sichtbar.




Cathy bereitet nun die weitere Mahlzeit zu, nachdem der Reis gar ist. Hier kippt sie Ingwer ins erhitzte Öl. Der Kochtopf hat einen schwarzen Boden, weil man den Reis anbrennen lässt.




In der Küche wird das Essen auf die Teller verteilt. Man beachte die grossen Portionen. Reis ist der  Hauptbestandteil jeder madagassischen Mahlzeit. Wer keinen Reis gegessen hat, fühlt sich nicht satt.




Man lässt den Rest des Reises anbrennen. Nachdem er auf die Teller verteilt wurde, giesst man nochmals Wasser auf die angebrannten Krusten und lässt es aufkochen. Dies wird zu den Mahlzeiten getrunken. Man nennt es „ranovola“, was übersetzt Geldwasser heisst. Dieses nach Rauch schmeckende Getränk wird auch bei Durchfall empfohlen.




Bevor es ans Essen geht, werden Fandresena Hände und Füsse gewaschen. Dies geschieht im Hof, mit einem Eimer Wasser. Es ist das Wasser, in dem zuvor das Gemüse gewaschen wurde.




Und so präsentiert sich der Mittagstisch. Alle sitzen vor dem Bett auf dem Fussboden, auf dem Rova zuvor ein Tuch ausgebreitet hat. Gegessen wird mit dem Löffel. Wenn eine Gabel benutzt wird, so hat sie in Madagaskar die Funktion, die in Europa ein Messer hat.




Nach dem Essen ist Finaritra eingeschlafen und wird aufs Bett gelegt. Hier schläft nachts die ganze Familie, also das Ehepaar und die 4 Kinder.




Rova wird gekämmt, denn anschliessend muss sie wieder zur Schule. In der hinteren Ecke sind die Wolldecken gestapelt, die nachts zum Zudecken benutzt werden. Das Moskito-netz ist ebenfalls, wie die Pfannen, ein Geschenk der europäischen Arbeitgeberin von Cathy.




Mit einem aus Gräsern zusammen gebundenen Besen wird der Hof gekehrt. Im Hintergrund ist der Eingang von Cathys Haus. Geradeaus geht’s in die Küche und rechts in das einzige Zimmer der jungen Familie.




Und so präsentieren sich Küche und Besen im Haus, wo Cathy einmal pro Woche putzen geht. Hier laufen die Leute gerne barfuss. Um zur Arbeit zu gehen, hat sich die junge Mutter andere Kleider angezogen. 




Im Hof des Gebäudes, in dem 3 Parteien wohnen, wäscht Cathy am Bassin die Wäsche. Mit Bürste und Seife wird dem Schmutz auf den Leib gerückt. Die saubere Wäsche kommt unausgewrungen auf die Leine.




Cathy RAMBININTSOA


Die Serie' Ein Tag im Leben' beschreibt den Alltag von Menschen in Madagaskar. Möglichst nahe, möglichst konkret.  
Während Ihres Besuches in Madagaskar können Sie diese Person gern persönlich kennen lernen.


 
 
 
 
 
 

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