Ein Tag im Leben... einer Köchin

Bereits 15 Jahre arbeite ich bei der gleichen französischen Familie. Aber erst seit 2001 bin ich als Köchin angestellt, angefangen habe ich als Putzfrau. Und das kam so: schon vorher habe ich in einem französischen Haushalt geputzt und meine damalige Arbeitgeberin hat mir immer gesagt, ich solle kochen lernen und nicht auf dem Niveau einer Putzfrau bleiben. Aber zu der Zeit hatte mich das nicht interessiert, weil ich als junge Mutter mit 3 kleinen Kindern nebst der Arbeit keine überzählige Energie mehr hatte. Als ich dann bei der jetzigen Familie anfing, die auch eine Köchin beschäftigte, kamen mir die Worte wieder in den Sinn. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Kinder schon etwas grösser und brauchten mich nicht mehr so viel. Ich begann also, während meiner Putzerei der Köchin etwas auf die Finger zu schauen. Wenn ich mit meiner Arbeit fertig war, studierte ich die schönen Kochbücher, die sich im Haus befanden. Aber vorerst blieb alles Theorie und meine Arbeitgeberin bekam davon auch nichts mit. 

Als dann vor 9 Jahren diese Köchin in Pension ging, habe ich meiner Chefin vorgeschlagen, dass ich diese Stelle übernehmen könne. Sie war überrascht, weil sie von meinem „heimlichen“ Studium nichts mitbekam und als ich ihr alles erklärte, war sie bereit, einen Versuch zu starten. Am Anfang ist mir nicht alles auf Anhieb gelungen, aber zum Glück hatte sie Geduld mit mir und es brauchte einige Monate der Übung bis ich dann auch praktisch auf der Höhe war. Zu diesem Zeitpunkt lebten die beiden Töchter der Familie noch hier und ich kochte für 4 Personen. Jetzt sind diese in Frankreich, um ihre Ausbildungen zu machen und so ist im Haus selber nur noch für das Ehepaar zu kochen und von Zeit zu Zeit etwas mehr, wenn Freunde zum Essen eingeladen sind. Allerdings gibt es daneben noch in der Kantine für mich zu tun.

Doch ich möchte nun einen typischen Arbeitstag von mir schildern. Um 5 Uhr stehe ich auf und mache mich fertig. Anschliessend bereite ich das Frühstück für mich und meinen 18-jährigen Sohn zu, der bei mir lebt, da er noch ledig ist. Die beiden älteren Kinder sind schon verheiratet und haben somit ihren eigenen Haushalt. Von meinem Mann bin ich seit 5 Jahren geschieden. Mein Sohn verlässt zwischen 7 Uhr und 7 Uhr 30 das Haus, um in die Schule zu gehen, wo er eine Ausbildung als Automechaniker und Elektriker erhält. Ich selber gehe gegen 7 Uhr 15 zu Fuss los und erreiche meine Arbeitsstelle 15 Minuten später.

Als erstes wasche ich das Geschirr vom Vorabend und anschliessend putze ich die Küche und das angrenzende Büro/Showroom von Madame. Das Saubermachen der restlichen Zimmer wird von der Putzfrau erledigt. Wenn ich hiermit fertig bin, setze ich in der Kantine das Wasser für den Reis auf, der am Mittag vom Personal verzehrt wird. Ich brauche für die 5,3 kg Reis zwei Kochtöpfe. Wenn die Sonne scheint, benutze ich dazu die Parabol-Sonnenkocher, wenn nicht wird auf dem Holzkohlefeuer gekocht. Meine Arbeitgeber haben einen eigenen Betrieb in dem Handwerkerartikel aus Bast hergestellt werden und beschäftigen zur Zeit 45 Personen. Alles befindet sich auf dem gleichen Gelände. Den Reis bekommt das Personal gratis, die Beilagen muss jeder von zu Hause mitbringen.

Zwischen 10h30 und 11 Uhr beginne ich dann in der Küche das Mittagessen für Madame und Monsieur vorzubereiten. In der Regel kann ich selber entscheiden, was ich zubereiten will. Einmal pro der Woche gehe ich zusammen mit meiner Arbeitgeberin auf den Markt, um die nötigen Zutaten einzukaufen und so wähle ich aus dem Sortiment des Kühlschranks und des Gefrierfachs. Ich bereite immer 3 Gänge vor: Vorspeise, Hauptgericht, Dessert. Heute habe ich mich für einen Rohkostteller mit Avocados, Fisch mit gemischtem Gemüse (Karotten, Zucchetti, Erbsen, Kartoffeln) und Mandarinenkuchen entschieden. Zwischendurch überprüfe ich draussen das Wasser auf dem Sonnenkocher oder dem Feuer und sobald es kocht, gebe ich den Reis hinzu. Sobald in der Küche alle Vorbereitungen abgeschlossen sind und das Essen in den Töpfen auf dem Gasherd schmort, decke ich im Salon den Tisch. Punkt 12 Uhr isst dann das Personal des Ateliers (Näherinnen, Stickerinnen, Büroangestellte) - je nach Wetter im Garten oder in der Kantine. Manchmal esse ich mit ihnen, manchmal später, je nachdem, wie ich Zeit habe und wann ich das Essen im Salon servieren muss.

Während Madame und Monsieur ihre Mahlzeit einnehmen, kümmere ich mich in der Küche um Dessert und Kaffee und wenn ich dies serviert habe, wasche ich in der Kantine das Geschirr vom Personal. Anschliessend ist dann das Geschirr im Haus an der Reihe. Inzwischen ist es 15 Uhr und ich fange mit den Vorbereitungen des Abendessens an. Da mein Arbeitstag um 16 Uhr endet, bereite ich etwas zu, das von Madame am Abend schnell aufgewärmt oder in den Ofen geschoben werden kann, wie beispielsweise Suppe, Pizza, Quiche, Auflauf oder dergleichen.

Mein Heimweg führt am Markt vorbei, wo ich die Zutaten für Abendessen und Frühstück für mich und meinen Sohn einkaufe. Zum Glück muss ich mich nicht mehr um meinen eigenen Haushalt kümmern, da ich dafür jemanden angestellt habe. So kann ich mich - zu Hause angekommen – erst einmal ausruhen, und mein Sohn Heritiana bereitet unsere Mahlzeit zu, die wir gegen 19h30 einnehmen. Wir hören dabei Radio oder schauen Fernsehen und spätestens um 21 Uhr gehe ich schlafen.


 

Fotostrecke: ein Tag im Leben
 

   

Berline wäscht das Geschirr bei ihrem Arbeitgeber. Sie geniesst es, in einer modernen Küche tätig zu sein. Die Arbeit ist hier bedeutend angenehmer und weniger anstrengend als in einer traditionellen madagassischen Küche.




Sie hat Tee für den Fotografen und die Interviewerin zubereitet, den die Beiden in der Küche während des Arbeitens zu sich nehmen.




Zu den Aufgaben der Köchin gehört auch, das an die Küche angrenzende Büro, das gleich-zeitig als Showroom dient, zu putzen. Hier staubt sie das Pult ab. Im Hintergrund sind diverse Artikel, die im Atelier angefertigt werden, zu sehen.




In der Kantine füllt sie zwei Aluminium-Kochtöpfe mit Wasser, in denen dann der Reis für die Angestellten des Betriebs gekocht wird.  




Da die Sonne scheint, werden sie auf den Solarkochern im Garten aufgesetzt.




Und so schön präsentiert sich der Arbeitsplatz von Berline.




Die Sonne ist inzwischen hinter den Wolken verschwunden, weshalb die Kochtöpfe in der Kantine aufs Holzkohlefeuer umziehen.  




In der Küche wiegt Berline 5,3 kg Reis ab - die Tagesration für die 45 Personen, die im Atelier arbeiten. Für die Essens-zubereitung hat sie sich jetzt eine andere Schürze umgebunden. 




Die Reiskörner kommen auf ein sogenanntes Sahafa  (Getreide-schwinge), um die Mutterkörner, Steinchen und Spelzen-rückstände zu entfernen




Der so vorbereitete Reis wird in das kochende Wasser gekippt.




Wieder in der Küche wird das Mittagessen für  das Ehepaar, bei dem Berline arbeitet, zubereitet. Sie beginnt mit dem Dessert, hier rührt sie den Teig für einen Mandarinenkuchen.




Zum Gemüsewaschen unter fliessendem Wasser benutzt sie eine Bürste. 




Der Fisch aus dem Gefrierfach des Kühlschranks wartet im Dampfsieb auf seine Weiterverarbeitung nach dem Auftauen ....




Das zubereitete Entrée bleibt so lange in der Küche, bis die Arbeitgeber Berlines im Salon am Tisch sitzen. Erst dann trägt sie das Essen auf. 

Der Tisch im Salon ist gedeckt, das Menu in der Küche fertig. Nun fehlen nur noch die Esser.

Berline RALISOAMANANA


Die Serie' Ein Tag im Leben' beschreibt den Alltag von Menschen in Madagaskar. Möglichst nahe, möglichst konkret.  
Während Ihres Besuches in Madagaskar können Sie diese Person gern persönlich kennen lernen.


 
 
 
 
 
 

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