Ein paar Stunden auf der Taxi Brousse Station in Andapa
 

 

 
 

In Andapa (Nordost-Madagaskar), so hiess es, würde das Taxi Brousse morgens um 7 Uhr abfahren. Also war ich zehn vor sieben abfahrbereit und wartete an der Strasse. So um halbacht stellte ich mir gewisse Fragen, um acht besorgte Fragen und um halbneun keine mehr. Denn dann kam ein grüner Mercedes-Kleinbus herangerauscht, stoppte an der Tankstelle weiter unten und füllte den Tank auf. Genug Zeit für mich, dorthin zu gehen und die beruhigende Antwort zu erhalten, dass dies das Taxi-Brousse nach Antalaha sei. Aber mit der Abfahrt würde es noch etwas dauern, meinte der wild aussehende Fahrer, der sich später als Taxi-Brousse Begleiter herausstellte, der also die Türen öffnet, die Tickets verkauft, die Waren auf dem Dachgepäckträger verstaut undsoweiter. Mit ihm fuhr ich zum 'Gare routière', also der Taxi-Brousse Station, 200 Meter von der Tankstelle entfernt. In wenigen Minuten würden wir losfahren, sagte Wildschopf. Nunja, es dauerte noch weit über zwei Stunden, bis es endlich losging...

Also etwas Zeit, um das Geschehen hier im ländlichen Marktflecken Andapa zu beobachten. Das ist denn auch der Vorteil von Touren mit dem Taxi-Brousse: man muss immer lange warten bis zur Abfahrt und hat daher Zeit, zu beobachten, zu fotografieren, zu essen. Mit den Leuten zu reden. Schwierig wird es in Sachen Toilette: es gibt normalerweise keine. Franz Stadelmann

 
Fotostrecke: Warten auf die Abfahrt (Jahreszeit: Januar)

Während ich im Schatten der offenen Markthalle warte, beobachte ich die Gemüsehändlerinnen, die hier ihre wenigen Produkte anbieten. Der Markt ist sehr klein, die Kunden wenig. Aber es ist noch früh am Morgen, es sind nur wenig Leute unterwegs. Die Madagassen stehen zwar sehr früh auf, aber wer nicht muss, der bleibt die ersten Stunden gern zuhause und kümmert sich um Haus und Hof, um sich und um all die anderen, die mit ihm/ihr wohnen. Einkaufen ist das Erlebnis des mittleren Vormittags.

Neben der Taxi-Brousse Station befindet sich ein kleines Hotely und dort ist Madame Sabine seit Jahren die Chefin. Ihr Bruder arbeitet mit. Von morgens bis abends kochen und braten sie: Vary (Reis), Lambo (Schwein), Omby (Zeburind), Trondro (Fisch) und Akoho (Huhn). Das Restaurant hat keinen Namen und bietet Platz für acht Personen. Von aussen gleicht dieses Resto eher einer windschiefen Baracke. Doch es ist der Arbeitsort und die Einkommensquelle von Sabine und ihrer grossen Familie.

Madame Sabine verbraucht einen Korb Kohle pro Tag und das sei teuer, sagt sie: 5000 FMG (1000 Ariary). Fünfzehn Minibusse fahren hier täglich weg: nach Sambava, nach Antalaha und nach Vohémar. Ihr Restaurant hat keinen Strom, keine Toilette und kein fliessendes Wasser. Da ist auch kein Kühlschrank und keine Tiefkühltruhe. Der Vorrat besteht aus wenigen Tomaten und Zwiebeln, ein paar Handvoll Reis und einem Kübel voll Wasser. Den Rest kauft sie, wenn er gebraucht wird, nebenan auf dem Markt.

Rings um die Taxi-Brousse Station haben sich noch andere 'Betriebe' niedergelassen. So ein Fahrradmechaniker, der - so heisst es - alles und wirklich alles reparieren könne. Wahrscheinlich ist das auch so: Madagassen sind begabte Bastler. Seine Werkstätte ist ein Sandplatz unter einem Baum. Dies ist kein kleiner Betrieb: er hat mehrere Mitarbeiter. In der Region um Andapa - wie generell in Madagaskar - sind Fahrräder unentbehrliche Transportmittel für Mensch und Material. 

Ein Fleischhändler weht mit einem alten Plastiksack über sein Fleisch, um die Fliegen zu verjagen. Derweil wägt sein Mitbewerber zehn Meter neben ihm frische Leber ab. Auf seinem mit einem Plastiktischtuch bedeckten Verkaufsstand bietet er alles von der Kuh feil: Fleisch und Innereien bis hin zu Magenwänden, Herz und Nieren. Andapa ist 'Exportgebiet' für die Küstenstädte Sambava und Antalaha für landwirtschaftliche Produkte: Vieh und Gemüse.

Während das Taxi-Brousse mehr und immer mehr beladen wird, geht das Leben rings um den kleinen Taxi-Brousse Stand seinen Weg. Es ist Platz für alle da. 
Fast fünf Stunden später als angekündigt, verlasse ich Andapa im grünen Taxi-Brousse. Sabine winkt mir zu, ebenso das kleine Mädchen mit den engen Augen, das verschämt lachte, als ich ihm seine Foto auf dem digitalen Bildschirm zeigte. Weiter vorne stehen die Angestellten des Hotels Bealanana und winken. Ich fahre aus Andapa hinaus mit dem Gefühl, Freunde zu verlassen.

 

 

 


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