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PRIORI, das Reisebüro für und in Madagaskar

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Madagaskar, das PRIORI-Buch

Franz Stadelmann

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Madagaskar: Symbiose zwischen Gestern und Heute

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Cash Crops

Der Export von madagassischen Produkten ist im wesentlichen (zu 88%) landwirtschaftlicher Art und stützt sich traditionellerweise auf die drei 'Kolonialprodukte' Kaffee, Nelken und Vanille. Die Exportmenge - und somit die Devisenerlöse - dieser Produkte ist stark schwankend und muss zudem auf dem Weltmarkt mit einem Überangebot konkurrieren, wodurch die Preise in den letzten Jahren wesentlich schlechter wurden. Ebenso nahm jedoch die Qualität der madagassischen Produkte ab.

Die traditionellen Devisenbringer Kaffee (1988:26,7%), Vanille (1988:15,7%) und Nelken (1988:5,6%) erwirtschaften normalerweise knapp die Hälfte der Exporteinnahmen. Pfeffer hat seine Position als wichtiges Exportprodukt verloren. Hingegen schieben sich Krabben und andere Meeresfrüchte in die ersten Positionen als Devisenbringer vor: 1987 brachten sie bereits 7,6% der Einnahmen. Die Aufnahme des Exports von Zucker eröffnete ab Mitte der 80er Jahre eine interessante Perspektive: Zucker brachte 1987 7,9% der Exporterlöse.

Oft lohnt es sich für den Bauern nicht mehr, Cash crops anzubauen. Für ein Kilo Kaffee erhielt ein Planteur 1968 als Gegenwert 5 kg Reis, 1982 waren es nur noch 2 kg und 1986 bloss noch ein Kilo. Daher sind die Investitionen in die Cash crop - Plantagen oft minim, die Pflanzungen werden nicht mehr unterhalten und degradieren in Qualität und Quantität.

Die Exportprodukte werden vor allem in den Küstenregionen - insbesonders an der klimatisch günstigen Ostküste - angebaut. Dabei haben sich Schwerpunkte der Produktion gebildet. Die Provinz Diégo-Suarez steht in der Produktion von Vanille (82%) und Pfeffer (40%) vor den anderen Provinzen. In der Nelkenproduktion stellt Tamatave 96% der Gesamtproduktion. Die Hälfte des Kaffees wird in der Provinz Fianarantsoa gewonnen. Der lokale Konsum dieser Produkte ist klein.

Kaffee nimmt als Exportprodukt die erste Stelle ein und bringt etwa einen Drittel (26,7%: 1988) der Einnahmen. (1980 waren es 53% der Exporterlöse, weil eine Frostperiode die brasilianische Ernte vernichtet hatte.)

Zwei Sorten werden hauptsächlich angebaut: arabica (im 19. Jahrhundert aus Äthiopien eingeführt) und robusta (canephora). Daneben findet sich noch die Sorte liberica, die allerdings als eine weniger edle Art gilt. In Madagaskar wachsen zudem mehr als 50 Arten wilden Kaffee, deren Bohnen einen geringen Koffeingehalt haben, jedoch kommerziell nicht genutzt werden.

Der Bergkaffee arabica wird auf dem Hochplateau (Antananarivo, Lac Alaotra) angepflanzt (1600 ha) und wird für den Binnenkonsum gebraucht. Kaffee robusta wird auf 200’000 ha in niederen Höhenlagen (unter 500 müM) an der Ostküste von Sambava bis Vangaindrano angepflanzt, aber auch in Ambanja und in der Region des Lac Alaotra. Die Sorte robusta macht 98% der madagassischen Kaffeeernte aus und geht fast vollumfänglich in den Export. Doch mit der Sorte robusta treten auch etliche andere Anbieter auf und führen auf dem Weltmarkt zu einem preismindernden Überangebot. Zudem entwickelte sich der Weltmarkt in den letzten Jahren weg vom robusta und hin zum arabica. Um mit dem Marktbedürfnissen Schritt zu halten, wurde in der 'opération café arabica' versucht, in Zonen von 300 bis 1200 müM den vermehrten Anbau von arabica zu propagieren.

Der mittlere Ertrag liegt bei 340 kg/ha, während die Ernte als Vergleich in Kenya 731 kg/ha beträgt. 90% der Produktion geschieht in kleinen Plantagen (2 ha), wo der Kaffee als weniger wichtiges Produkt nebst Reis und Maniok angebaut wird. Diese Felder werfen bloss 250 kg/ha ab. 1100 Kaffeesträucher können theoretisch auf einer Hektare stehen, auf den kleinbäuerlichen Betrieben sind es meist nur 800 bis 1000. Mittlere Bauernhöfe (5 - 10 ha) erwirtschaften 400 kg/ha und sie sind es, die den Grossteil der Produktion liefern. Vor 1975 gab es noch grosse Kaffeeplantagen, die 1500 bis 2000 kg/ha produzierten. Diese Plantagen wurden verstaatlicht und verschwanden nach 1975.

Die Produktion von Kaffee betrug in den 1980er Jahren 80’000 – 84’000 Tonnen auf einer Anbaufläche von 224’000 Hektaren. 1989 wurden 88’201 Tonnen geerntet, wobei 44% (38’898 t) entlang des Ostabhangs in der Provinz Fianarantsoa. Der Ertrag pro Flächeneinheit blieb seit der Unabhängigkeit so gut wie konstant.

Madagaskar war Mitglied der internationalen Kaffeeorganisation (OIC), welche die Quote pro Land festlegte. Für Madagaskar waren dies rund 50’000 Tonnen pro Jahr, was 3%  der Weltproduktion von 4,1 Mio. Tonnen ausmachte. Doch ab 1989 wurde dieses Abkommen aufgehoben, die Preise stagnierten weiterhin auf einem Tiefpunkt. Auch zur Zeit des Abkommens produzierte Madagaskar weit mehr Kaffee pro Jahr, was durch die lokale Konsumation von bloss 15’000 Tonnen pro Jahr nicht wettgemacht wurde. Dieser Überhang an Produktion bildet ein ungelöstes Problem, ebenso wie der drastische Verfall des Weltmarktpreises für Kaffee in den letzten Jahren. Über die Caisse de Stabilisation des Prix ist der Staat der alleinige Besitzer des geernteten Kaffees und setzt die Preise fest. Diese Ausgleichskasse sollte für Kaffee, Vanille und Nelken eine preisregulierende Rolle übernehmen, wobei dem Produzenten 25%, der Handelsgesellschaft 10% und dem Staat 13% zukommen sollte. Das System hat sich im Laufe der Jahre unterschiedlich gut bewährt.

Madagaskar ist der weltgrösste Produzent von Vanille und liefert 70% des Weltbedarfs. In Madagaskar gilt Vanille als 'schwarzes Gold', weil sein Gewicht im Verhältnis zum Preis gering ist. Dieser Umstand verleitet natürlich zu illegalen Exportaktionen, die mit oder ohne Schutz von hohen Staatsfunktionären geschehen.

Die Produktion lokalisiert sich vor allem auf die Provinz Diégo-Suarez und dort auf den Nordosten der Insel. Antalaha und Sambava liefern 81% der nationalen Produktion: Antalaha gilt als Welthauptstadt der Vanille. Anbaugebiete von sekundärer Bedeutung befinden sich auch in Sambirano und auf Nosy Be.

Die Pflanze ist sehr sensibel auf klimatische Veränderungen (Zyklone). Der theoretisch mögliche Ertrag beträgt 1,2 - 1,85 t/ha grüner Vanille, doch die Ernte beläuft sich meist nur auf 150 kg/ha bis 300 kg/ha. Der geringe Ertrag hängt von der Pflege der Pflanze und von der Verarbeitung (Trocknung) ab. Die Erträge schwanken erheblich: 1989 wurden auf einer Anbaufläche von 27’400 ha 7800 Tonnen geerntet, wobei 82% (6450 t) in der Provinz Diégo-Suarez.

Fast die ganze Ernte wird exportiert und erbringt 15% bis 20% (13,4% 1989) der Exporterlöse. Hauptabnehmer zu 40 bis 60% sind die USA (für Eiscrème, Patisserie und Soft Drinks). Deutschland ist mit etwas über 200 Tonnen der zweitgrösste Abnehmer. Doch die weitaus billigere künstliche Vanille (Vanillin) hat das Naturprodukt stark in die Defensive gedrängt.

Vanille gehört zur Familie der Orchideen und stammt ursprünglich aus Mexiko. Die Kletterpflanze Vanille muss in Madagaskar von Hand bestäubt werden, weil die Bestäubung von keinem Insekt vorgenommen wird wie in Mexiko. Sie bringt schotenähnliche längliche grüne Früchte hervor, durch Gärung entsteht die schwärzliche Vanillestange. (10 kg grüner Vanille ergeben rund 2,5 kg getrocknete Exportqualität.) Der Anbau ist schwankend, die Anbaufläche stagniert in den letzten Jahren. Im Durchschnitt fallen 0,56 ha pro Besitzer. In Madagaskar leben rund 400’000 Leute (70’000 Familien) von der Vanille.

Auf dem Weltmarkt treten noch die Komoren und La Réunion als Anbieter auf, mit diesen Konkurrenten hat Madagaskar ein Preiskartell mit einem Quotensystem ausgehandelt. Der Vanillepreis ist im Weltkartell auf 72 $ pro Kilo festgefroren.

Als Aussenseiter auf dem Weltmarkt ist Indonesien auf den Plan getreten und dies auch im wichtigen Absatzgebiet USA. Doch die Qualität des indonesischen Vanille ist minder gegenüber jener des madagassischen Vanille der Variation 'Vanille Bourbon'.

Die madagassischen Produzenten haben dramatische Absatzprobleme. Indonesien liefert inzwischen 20% des Weltbedarfs von 1500 Tonnen, für Madagaskar sind 65% reserviert. Doch allein im Osten der Provinz Diégo-Suarez werden mit 1200 Tonnen weit mehr produziert. Daher finden sich beachtliche Lagerüberhänge. Das Schweizer Unternehmen SGS hatte 1992 kriminelle Transaktionen, fiktive Lager und einen ganzen Sumpf an Korruption und Betrügereien aufgedeckt. So wurden 1993 in einer spektakulären Aktion um die 2000 Tonnen Vanille verbrannt. Nebst der madagassischen Vanille-Mafia treten im Vanilledreieck auch Aufkäufer aus den Komoren auf. Sie transferieren die madagassische Vanille auf die Komoren und werfen sie von dort aus lukrativ auf dem Weltmarkt. (Allerdings wäre der private Export von mehr als 100 Gramm Vanille verboten.)

Madagaskar ist nach Zansibar der grösste Nelkenproduzent. So gut wie die ganze Produktion (stark schwankend von 6000 bis 12’000 Tonnen) wird als Gewürznelke oder in Form von Ölessenz exportiert und bringt in guten Jahren rund 15% der Exporterlöse. Die Erträge sind aber auch stark schwankend, weil die Pflanze zyklisch ist.

Der hauptsächlichste Kunde war Indonesien (für Kretek-Nelkenzigaretten), doch seit Indonesien eigene Nelkenplantagen geschaffen hat, fiel dieser Markt ab 1983 weg, was Madagaskar mit einem riesigen Nelkenlager zurückliess. Zwar wurden neue Märkte in Sri Lanka und in Fernost gefunden und seit 1985 wurden 11’600 Tonnen exportiert. Doch seit 1987 exportiert auch Indonesien Nelken, sodass der Weltmarkt zusammenbrach. Auch Brasilien bietet neuerdings Nelken auf dem Weltmarkt an.

Die Produktion liegt in den Händen von 80’000 kleinen Pflanzern, die hauptsächlich in der Region von Tamatave konzentriert sind. Produktionszentren befinden sich an der Ostküste von Tamatave bis Vatomandry, aber auch in Maroantsetra und Sambava.

Die Produktion von Nelken betrug 1989 7100 Tonnen, wobei 96% (6825 t) in der Provinz Tamatave wuchsen. Der Ertrag schwankt zwischen 0,4 - 0,6 t/ha. Die Anbaufläche liegt bei 77’000 ha.

Nur ein Teil wird zu Essenz weiterverarbeitet. Zur Herstellung von 1 kg Nelkenessenz wird eine Tonne Holz verbraucht. 1991 wurden 480 Tonnen Nelkenessenz exportiert, 1990 waren es 613 Tonnen.

Der Anbau von Pfeffer geht parallel zum Anbau von Kaffee, weil sie die gleichen ökologischen Konditionen verlangen. Zudem ist der Pfeffer als Liane vom Stamm und Schatten des Kaffees abhängig.

Pfeffer bringt 2,8% der Exporterlöse.Die Anbaufläche betrug 1987 6200 ha und befand sich zumeist im Besitz von kleinen Pflanzern. Die Produktion liegt um die 3000 Tonnen bei einem Ertrag von 0,5 - 0,7 t/ha. 1989 betrug die Produktion von Pfeffer 3200 Tonnen, wobei 40% (1310 t) in der Provinz Diégo-Suarez geerntet wurden.

Die Pfefferliane findet sich vor allem an der Ostküste von Tamatave bis Vangaindrano (zwei Ernten pro Jahr), in Ambanja und auf Nosy Be (eine Ernte pro Jahr).

Madagaskar hat noch keine Lösung gefunden, die aus der einseitigen Abhängigkeit von den wenigen Exportprodukten führen könnte. So bilden die klassischen 'Kolonialprodukte' Kaffee, Vanille und Nelken eine übergrosse Abhängigkeit von einem übersättigten und preistiefen Weltmarkt.

Kaperbsen, Erdnüsse und Sisal haben ihre Bedeutung als Cash Crops weitgehend verloren. Zitrusfrüchte, Litschis, Mango und Bananen werden kaum als Spekulationsprodukte für den Export angebaut. Alles in allem bilden die minimen Exporte dieser Produkte (vor allem der Früchte) eine verschwindend kleine Quantität angesichts der landwirtschaftlichen Potenz des Landes und angesichts des Marktes in Europa und auf den Nachbarinseln.

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Der Ethnologe Franz Stadelmann kam 1988 als Entwicklungshelfer nach Madagaskar. 1994 gründete er das madagassische Reisebüro PRIORI in Antananarivo. PRIORI organisiert Reisen mit mehr Hintergrund und tieferen Einblicken in die Licht und Schatten dieser Insel im Indischen Ozean. 'Sanftes Reisen' soll den BesucherInnen als auch den Besuchten gegenseitiges Verständnis erwecken. PRIORI engagiert sich auch sehr im sozialen und kulturellen Leben Madagaskars. PRIORI steht für Ihre Reisepläne gern zur Verfügung - auch in deutscher Sprache.

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