FARITANY
FIANARANTSOA:
Reis
und Lavaka
Die
102’400 km2
grosse Provinz Fianarantsoa bedeckt 17,5% der Landesfläche
Madagaskars. Rund 3 Millionen Leute bewohnen diese drittgrösste
Provinz des Landes. Mit 29 Personen pro km2
ist sie wesentlich dichter besiedelt als der Landesdurchschnitt
von knapp 20 Personen pro km2
und damit die nach Antananarivo am dichtesten besiedelte
Provinz. Dabei sind aber erhebliche Unterschiede innerhalb der
Provinz auszumachen. Mit über 60 Personen pro km2
sind das Hochplateau und die Ostküste (bis zu 200 Pers/ km2)
dicht besiedelt, dort haben sich gebietsweise überbevölkerte
Besiedlungsenklaven gebildet, während im Westen und Süden
der Provinz über grosse Zonen keine 5 Personen pro km2
leben.
Das
dichtbesiedelte Kernland von Fianarantsoa liegt auf dem
Hochplateau und erstreckt sich entlang der RN 7, die von
Antananarivo nach Tulear führt und in Betsileoland das Rückgrad
der Provinz bildet. Diese Strasse führt durch wellige Hügel,
durchzogen von reisbebauten Talsenken. Entlang der RN 7 zieht
sich ein Band von 30 bis 40 Kilometern Breite mit einer hohen
Bevölkerungsdichte. In den Senken von Ambohimahasoa,
Fianarantsoa und Ambalavao erreicht die Dichte über 100 Pers/
km2.
Dieser
Hochlandkorridor war die Wiege der alten Betsileokönigreiche:
Lalangina, Isandra, Arindrano und Manandriana. Symbolisch finden
sich diese vier Reiche im Provinzwappen als Sterne nebst einem
aufrecht stehenden Erinnerungsstein.
Das
Hochland fällt gegen Osten hin steil ab, während es
gegen Westen und Süden leicht auswallt und zuweilen in grosse
Ebenen übergeht, wie die auf rund 800 müM gelegenen Talflächen
in Mangataboahangy, Ikalamavony, Zomandao, Tsitondroina bis hin
zum Plateau von Horombe.
Die
Regenfälle auf dem Hochland liegen bei 1370 mm (Ambohimahasoa)
und 1000 mm (Ambalavao), konzentriert auf eine Regenzeit von
November bis März, die gleichzeitig die heisse Zeit ist.
Die Stadt Fianarantsoa weist im Januar eine durchschnittliche
Temperatur von 21° auf, im Juli liegt sie bei 14°. Während
das Hochplateau zwei klare Jahreszeiten kennt, ist das Klima der
Ostküste heiss und feucht, der Westen und Süden hingegen
trocken.
Die
Falaise im Osten des Hochplateaus bestimmt auch den Verlauf der
Flüsse. Während der Mania, Matsiatra und Ihosy gegen
Westen fliessen und ihre Zuflüsse oft mehrere Monate trocken
sind, schiessen die kurzen Flüsse Sakaleona, Mananjary,
Namorona und viele mehr vom Steilgebirge - oft in Wasserfällen
- hinunter gegen Osten und beruhigen sich erst in den Lagunen
der knappen Küstenzone. Auch die westlich ziehenden Flüsse können
während der Regenzeit Verwüstungen anrichten, so überflutet
der Matsiatra jährlich 2000 bis 3000 ha Kulturland.
Die
Provinz umfasst eine Vielzahl an verschiedenen Völkern. Die
Bevölkerungsmehrheit der Betsileo lebt auf dem Hochplateau
und hat sich durch ihre Reisterrassen ins Land eingraviert, die
oft wie die Stufen eines Amphitheaters aussehen.
Die
traditionellen Häuser aus getrockneten Backsteinen und mit
den mit Stroh bedeckten Satteldächern markieren die
Landschaft.
Die
um Ihosy lebenden Bara sind Viehhalter mit extensiver
Weidewirtschaft in Westen. Die Bara-Bory sind Mischlinge
zwischen Betsileo und Bara. Die Tanala besiedeln die Falaise und
bauen Reis (Brandrodungsfeldbau) und Kaffee an. Die Zafimaniry
siedeln in den Waldgebieten südöstlich von Ambositra und
haben sich als Holzarbeiter und Holzschnitzer einen Ruf
geschaffen.
Die
Ostküste wird von Norden nach Süden von Betsimisaraka,
Antambahoaka, Antaimoro, Zafisoro, Antaifasy und Antaisaka
bewohnt. Nicht immer konfliktlos, wie gelegentliche Zusammenstösse
zwischen Zafisoro und Antaifasy zeigen.
Typisch
sind die Reisfelder in den Tälern und die Terrassenfelder
an den Hängen der Hügel. Während das Hochland vom
Reisanbau dominiert wird, eignet sich die Ostküste insbesonders
für den Anbau von Kaffee. 50’000 Tonnen werden pro Saison
geerntet. Maniok, Süsskartoffeln, Bohnen und Mais werden vor
allem für die Selbstversorgung angebaut.
Schweinezucht
ist für Betsileoland wichtig, ebenso wie Hühner. Fischfang
wird in geringem Mass sowohl auf dem Meer als auch an den Flüssen
betrieben.
Ausserhalb
der Landwirtschaft bestehen nur sehr beschränkte Möglichkeiten
an Arbeitsplätzen. Zudem sind die wenigen Unternehmen fast
ausschliesslich auf die Stadt Fianarantsoa konzentriert.
Kunsthandwerk
findet sich nur an wenigen Orten. Etliche Bauern verdienen sich
etwas hinzu, indem sie Backsteine herstellen, insbesonders
entlang der Hauptachse RN 7. Als kleinen Nebenerwerb nebst der
Arbeit in der Landwirtschaft flechten die Frauen Körbe und
Matten.
Kommunikation
ist eines der grossen Probleme der Provinz, die zwar von der RN
7 in Nord-Süd Richtung durchzogen wird und über eine
Stichstrasse (RN 25) an die Küste führt. Die Eisenbahn von
Manakara nach Fianarantsoa erschliesst eine weitere Region.
Daneben jedoch gibt es unzählige Enklaven, Täler und
ganze Regionen, die nur mit Ochsenkarren, per Piroge oder zu
Fuss zu erreichen sind.
Im
fruchtbaren Hochland herrscht ein grosser Druck auf Land, was zu
wiederholten Emigrationen, besonders in den 1960er Jahren, in
den Westen geführt hat. Dadurch sind im Moyen-Ouest Zentren von
Reisproduktion entstanden.
Im
trockenen Westen wird extensive Weidewirtschaft getrieben,
ausser dort, wo Neueinwanderer seit wenigen Jahrzehnten Reis und
Maniok anbauen. Die Bevölkerungsdichte nimmt gegen Westen
stetig ab und erreicht Regionen, die so gut wie menschenleer
sind. Diese Regionen stellen für die Betsileo eine Art
verheissenes Land dar, in das sie auch heute noch einwandern auf
der Suche nach Ackerland. Hindernd sind die mangelnde Sicherheit
und die ungenügenden Kommunikationsmöglichkeiten.
Das
Landwirtschaftsjahr des Hochlandbauern wird von der Regenzeit
bestimmt, die meist zwei Ernten ermöglicht. Für die zweite
Ernte werden die Reisschösslinge im Oktober bis Dezember
umgepflanzt und die Ernte im März bis Juni eingeholt.
Der
Reis der zweiten Saison wirft die Haupternte des Jahres ab und
bringt rund viermal mehr als der Reis der ersten Saison. Reis
dient in erster Linie dem Selbstkonsum, je nach Region und
Familie wird allerdings zwischen 20 und 50% verkauft. In
Betsileoland bilden Reis, Bohnen, Maniok, Erdnüsse und Mais die
Hauptverkaufsprodukte.
Die
Arbeiten auf den tanety müssen vor Dezember abgeschlossen sein,
ausser für die Süsskartoffeln, die im Februar/März
gesetzt werden und meist zusammen mit Mais angebaut werden.
Maniok kann zu fast jeder Jahreszeit gepflanzt werden und wirft
10 Tonnen pro Hektare ab. Auf den tanety werden Süsskartoffeln,
Maniok, Mais und auch Erdnüsse angepflanzt. Der Reisanbau auf
den tanety ist praktisch unbedeutend.
In
den Reisfeldern der Talsohle wird mit Zugochsen und Pflug
gearbeitet, 7 von 10 Familien besitzen einen Pflug. Die Egge
wird weniger gebraucht, bevorzugt wird nach wie vor das
Weichtrampeln der Erde durch Rinder. Traktoren sind, wie in ganz
Madagaskar, nur äusserst selten in Gebrauch. Auf den
steileren Feldern jedoch muss nach wie vor von Hand gearbeitet
werden. Die Arbeiten sind hart und zeitraubend. Ein Mann kann in
zwei Monaten Arbeit nicht mehr als 40 Aren bearbeiten.
Die
Betsileo Bauern des Hochlandes sind zu mehr als 90% Besitzer
ihrer Felder und haben den Ruf, gegenüber Neuerungen
aufgeschlossen zu sein. Sie haben die innovative Praktik des 'ketsa-tanora'
weitgehend aufgenommen: dabei werden die Reisschösslinge
nur 40 Tage in den Anziehbeeten gelassen und früher als
traditionell üblich auf die Reisfelder umgepflanzt. Ebenso wird
der Reis in Linie angepflanzt und werden Dünger und
ertragreicheres Saatgut benutzt. Dies hat zu einer deutlichen
Steigerung der Reisproduktion in Betsileoland geführt. Der
Ertrag liegt bei rund 2 Tonnen pro Hektare.
In
Sahambavy wird als einziger Region Madagaskars seit 1975, ursprünglich
als Entwicklungsprojekt, Tee angepflanzt. 1989 ging die Anlage
in englische Hände über. 224 Hektaren werden vom
Unternehmen direkt bepflanzt und beschäftigen rund 100
Angestellte, zudem werden 110 Hektaren von 220 kleinbäuerlichen
Betrieben unterhalten. 1989 wurden 33 Tonnen Tee gewonnen und
zum grössten Teil nach England exportiert.
In
der Region von Fianarantsoa und Ambalavao widmen sich viele
Bauern als Nebenerwerb dem Rebbau, der auf die katholischen
Missionare zurückgeht. In den siebziger Jahren wurde die
Schweizer Entwicklungshilfe in diesem Bereich tätig: Ziel
war, eine Genossenschaft zu gründen und den Kleinbauern einen
Zusatzverdienst zu verschaffen, sowie durch den im Lande
hergestellten Wein Devisen zu sparen. 1985 wurde die FFMV (Fédération
des associations des viticulteurs) gegründet, angeschlossen
sind rund 1000 Kleinbauern. Die FFMV verwaltet 5 Weinkeller und
eine zentrale Weinkellerei. Ihre Produkte der Marke Lazan'i
Betsileo finden im ganzen Land Absatz. Daneben bestehen noch
etliche weitere private Weinkellereien, die sich oft in
chinesischem Besitz befinden.
Eines
der grössten Aufforstungsprojekte Madagaskars befindet sich
in der Provinz Fianarantsoa. Die Opération Haute Matsiatra
forstete von 1953 bis 1978 mehr als 34’000 Hektaren zwischen
der Provinzhauptstadt und Ambohimahasoa auf. Ursprünglich
sollte das Holz für eine Papierfabrik in Fianarantsoa benutzt
werden. Die in den 1960er Jahren geplante Fabrik wurde jedoch
nie gebaut, und seit ein paar Jahren hat diese opération ihren
einstigen Schwung verloren. Die in diesem Gebiet tätige
Forstschule mit einer angegliederten Sägerei vermag den
illegalen Holzschlag kaum zu unterbinden.
Fruchtbäume
ermöglichen eine weitere Einnahmequelle der Bauern auf dem
Hochplateau des Betsileolandes: in Ambohimahasoa bilden Orangen
und Pfirsiche 70% der Fruchtbäume. Mehr als ein Viertel des
madagassischen Tabaks wächst in Betsileoland, insbesonders
um Ambalavao werden pro Jahr um die 500 Tonnen getrockneter
dunkler Tabak vom Monopolunternehmen OFMATA eingesammelt.
Die
Viehhaltung ist auf dem Hochplateau weit verbreitet. Die Rinder
werden für das Weichtrampeln der Reisfelder und als Zugtiere
eingesetzt. Gegen Westen hin nehmen die Viehdichte und die
extensive Weidewirtschaft zu, ebenso wie die Viehdiebstähle.
700’000 Rinder weiden in der Provinz, wobei 40% davon im
Moyen-Ouest leben. Die Gebiete der tanety bieten allerdings nur
mittelmässige Weide, zudem werden die Gräser regelmässig
durch Buschfeuer zerstört. Unsicherheit (dahalo) und ungenügende
veterinärische Kontrollen erschweren die Viehhaltung.
Der
Viehmarkt von Ambalavao ist der zweitwichtigste in Madagaskar.
Mehr als 80% der Tiere dieses Marktes werden in die Provinz
Antananarivo und an die Ostküste verkauft. Doch die Zahl der
gehandelten Tiere nimmt infolge der Viehdiebstähle und der
vermehrten Unsicherheit konstant ab. 1986 wurden 48’000 Rinder
auf dem Markt verkauft, 1989 waren es nur noch 36’000.
Im
Kerngebiet der Provinz liegen die Städte Fianarantsoa,
Ambalavao und Ambohimahasoa. Sie sind Dienstleistungs- und
Handelsstädte mit nur beschränkter Ausstrahlung.
Die
Provinz Fianarantsoa ist die am wenigsten industrialisierte
Provinz Madagaskars. Es bestehen ein paar Kleinstindustrien mehr
handwerklicher Art wie die Fabrikation von 'Papier Antaimoro' in
Ambalavao, die seit 1980 besteht, 36 Leute beschäftigt und
ihre Produkte hauptsächlich nach Europa exportiert. In
Ambalavao blühte früher auch die Herstellung von Seidenlambas,
die von den Hochlandfrauen um die Schultern getragen wurden und
heute in der Mehrheit durch billigere Stoffe ersetzt sind.
Die
wenigen grösseren Unternehmen sind auf die Stadt
Fianarantsoa konzentriert und vermögen aber nicht eine genügende
Anzahl an Arbeitsplätzen zu bieten. In der Stadt kommen auf
eine aktive Person drei Arbeitslose. Das Unternehmen SOPRAMEX,
von Staatshänden inzwischen in italienischen Besitz übergegangen,
produziert Pflanzenextrakte für medizinische Zwecke, die
Produktion von 1,5 Tonnen pro Jahr geht in den Export.
Das
Unternehmen SMTC stellt Plastikartikel her und beschäftigt
rund 80 Leute.
Das
Staatsunternehmen IMI (Institut Malgache de l'Innovation) weihte
1987 seine neuerstellte Fahrzeugfabrik ein und nahm die Montage
von Karenjy-Autos auf der Basis von importierten Renault Chassis
und Motor auf. Der madagassisch produzierte Anteil sollte nach
Planvorgabe 70% bei Erreichen des Solls von 120 Fahrzeugen pro
Jahr sein. Doch im Krisenjahr 1991 kam die Produktion der
Fahrzeuge ins Stocken und wurde danach eingestellt.
Die
Stadt Fianarantsoa mit 4300 Abonnenten erhält ihre
Elektrizität von
der Zentrale Namorona in unmittelbarer Nähe der Wasserfälle
des Namorona-Flusses. Diese Zentrale sollte nach ihrer Erbauung
in den 1960er Jahren den Impuls zu einer Industrialisierung
liefern: der Strom kam, die Industrie nicht. Die jetzige
Zentrale wurde 1984 mit japanischer Hilfe gebaut.
Der
Siedlungsplatz auf dem Berg Kianjasoa in der heutigen Stadt
Fianarantsoa wurde schon unter dem Königreich von Lalangina
benutzt. Als Stadt und Kopie von Antananarivo wurde er aber erst
unter Königin Ranavalona I ab 1830 als Garnisonsstadt
ausgebaut und die rova auf der 1269 müM gelegenen Spitze des
Felsens Ivognea erstellt. Dort wurden auch die Kirchen und
Schulen der frühen Missionare erbaut. Die protestantische
Kirche von Antranobiriky war 1870 das erste Gebäude der
Stadt aus Backsteinen.
Die
koloniale Verwaltung installierte sich auf der 'zweiten Etage'
auf dem Plateau von Tsianolondroa, während die
Fertigstellung der Eisenbahn mit dem Bahnhof in der Talebene den
modernen Sektor anzog. 1904 war Fianarantsoa mit 6000 Einwohnern
die zweitgrösste Stadt der Insel, 1989 zählte sie
123’000 Einwohner.
In
der Stadt mit ihren 12’500 Wohnhäusern (Dichte pro Haus:
9 Personen) finden sich nebst den provinzialen
Verwaltungsstrukturen, Banken und Versicherungen auch höhere
Schulen und die von über 2000 Studenten (1989) besuchte
Universität (Mathematik, Physik, Chemie, Informatik und
Jurisprudenz).
Die
Hauptstadt der Provinz und die wichtigste Stadt des
Betsileolandes ist kein stimulierender Pol für die umliegenden
Regionen. Ausser vielleicht während des wöchentlichen
zoma, wenn bis zu 2000 Händler in die Stadt kommen.
Landesweite Verbreitung kennt allerdings die seit 1927
erscheinende katholische Wochenzeitung 'LAKROAN'I MADAGASIKARA'
mit einer Auflage von 23’000 Exemplaren.
Fianarantsoa
ist kein aktives Produktionszentrum, sondern eher eine etwas
stagnierende Service- und Handelsstadt mit wenigen Grosshändlern,
die ihre Produkte an Zwischenhändler in der Provinz
verkaufen. Der Grosshandel befindet sich meist in den Händen
von chinesischen und indischen Kaufleuten.
Typisch
für Fianarantsoa sind die selbstgebauten Holzkarren (varamba),
die bis zu 500 Kilo Güter transportieren und von Jungs
geschoben werden. Die gleichen Holzkarren finden sich auch in
Ambositra.
In
der Provinzhauptstadt endet die Eisenbahnlinie von Manakara. Die
163 Kilometer lange Eisenbahn wurde von 1927 bis 1935 erbaut und
führt über 50 Brücken und durch 56 Tunnel von der Küste über
den steilen Ostabhang auf das Hochland. Sie gilt als eine der
schwierigsten Realisationen in den ehemaligen französischen
Koloniegebieten. Bergan bildet Treibstoff das Hauptprodukt, talwärts
(ab dem Riftvalley von Ikongo) Kaffee. Doch die Konkurrenz der
Lastwagen ist gross.
Die
Zone nördlich der Stadt Fianarantsoa und nördlich des
Flusses Matsiatra mit Ambositra als regionalem Zentrum wird auch
Betsileo-Nord genannt. Sie grenzt beim Fluss Mania an den
Vakinankaratra (Provinz Antananarivo). Die stark besiedelte
Landschaft ist eine reine Durchgangszone von Antananarivo nach
Fianarantsoa.
Die
Strasse (RN 7) führt durch einen Korridor mit hoher Bevölkerungsdichte
(mehr als 70 Pers/ km2).
Dies hat zu einem elaborierten Nutzen der vorhandenen Felder geführt
und zur typischen Landschaft des Hochlandes mit Reisterrassen, Hügeln,
Flusstälern und blassroten Häusern. Sind die Häuser
aus Backsteinen erbaut, gilt dies als Zeichen von ländlichem
Wohlstand. Zu Reis werden in Fruchtwechsel Gemüse und
insbesonders Weizen angebaut, der vollumfänglich an die
KOBAMA verkauft wird. Die Bevölkerung kennt keine
Landbesitzprobleme, die Bauern bearbeiten zu 95% ihr eigenes
Land, doch durch Vererbung haben sich kleine Parzellen gebildet,
die oft für eine Familie nicht mehr ausreichen.
Die
Bevölkerung baut Mais, Bohnen, Kartoffeln und Erdnüsse an,
die zum grossen Teil (75%) verkauft werden. Reis wird vor allem
selber konsumiert, nur 30 bis 40 % wird verkauft. Zuckerrohr
wird zu Rum verarbeitet.
Die
Regenzeit dauert um Ambositra von Oktober bis April, es regnet
1200 bis 1500 mm pro Jahr. Auch in der kalten Saison gibt es
Nieselregen. Die mittlere Temperatur variiert zwischen 14 und 21
Grad. Die Region wird durch die beiden Hauptflüsse Mania und
Matsiatra gegen Westen hin entwässert, beide sind Zuflüsse
des Tsiribihina.
Die
vielen Flüsse und Bäche werden kaum befischt, hingegen hat
die Fischerei in den Reisfeldern eine Entwicklung erfahren.
Trotz
der vielen Niederschläge bleibt die Zufuhr von Wasser für
den Reisanbau das Hauptproblem der Bauern - nebst dem
Vorhandensein von Land. Mangels Wasser wird der Reis der ersten
Saison (Umpflanzen August/September und Ernte im
Dezember/Januar) nur auf wenigen Feldern angepflanzt. Hingegen
sind 80% der Felder mit Reis der zweiten Saison (Ernte im
April/Mai) bestanden. Trotz des relativen Reichtums der Bauern
werden keine Traktoren eingesetzt, unter anderem auch, weil die
Felder oft sehr klein sind. Der Reis ergibt im Schnitt 2,2
Tonnen pro Hektare. Wird Kuhdung eingesetzt und in Linie
angebaut, ergibt sich eine Ernte von bis zu 3,5 Tonnen. Diese
hohe Ernte ist in der Region von Fandriana und Soavina nicht
ungewöhnlich.
Auf
den tanety werden Mais gepflanzt (Ernte 1 Tonne pro Hektar).
Eine gewisse Bedeutung hat in der Region um Ambositra auch die
Bienenzucht, die allerdings durch die fortschreitende Entwaldung
und die regelmässigen Buschfeuer behindert wird. In der
Region um Ambatofinandrahana, Manandriana und nördlich von
Ambositra findet sich noch immer eine Zucht von Seidenraupen auf
den tapia-Bäumen (Uapaca bojeri). Aus der Naturseide werden
Lamba mena hergestellt, dies vor allem in Fandriana, Tatamalaza
und Sandrandahy und Ambositra. Von dieser Aktivität leben
in der Region von Ambositra rund 100 Leute.
Die
Betsileo machen 90% der Bevölkerung aus. Ergänzt durch
eingewanderte Merina (Verwalter und Händler) und im Westen
durch die viehhaltenden Bara.
Die
Region leidet unter einem grossen Bevölkerungsdruck, was
immer wieder zu Abwanderung - saisonal und permanent - führt.
Die
saisonalen Abwanderer sind vor allem Männer, die in
Antananarivo oder Mahajanga zeitweilig Arbeit suchen.
In
den 1960er Jahren wanderten viele Betsileo der Region ins Tal
des Mania (Soavina - Ambondromisotra nordwestlich von Ambositra)
aus und gründeten dort eine prosperierende Gemeinschaft: jede
Familie besitzt ein Zugochsenpaar. Andere wanderten nach
Antananarivo, Lac Alaotra oder in die Region von Mahajanga aus.
Östlich
von Ambositra nimmt die Bevölkerung schnell auf 20 bis 30
Pers/ km2
ab. In der isolierten und noch weitgehend von Wald bedeckten
Region leben die Zafimaniry, deren Holzschnitzereien in ganz
Madagaskar bekannt sind. Doch auch dort machen sich die
Abholzungen bereits bemerkbar. So haben etliche Zafimaniry mit
dem Anbau von Reis begonnen - oder sind abgewandert.
Im
alten und früher befestigten Ort Ambositra macht der
Durchreisende nur einen schnellen Etappenhalt. Das Landstädtchen
hat von der Dynamik der RN 7 nur eine beschränkte
Stimulation erfahren. Doch die Stadt ist die Drehscheibe einer
Region, deren Strassen meist Sackgassen sind. Es gibt die
Verbindung nach Westen (Morondava) nicht mehr, an die Ostküste
führen nur glitschige Fusswege.
Der
lokale Viehmarkt hat eine gewisse Bedeutung, doch viel Vieh ist
im Transit aus dem Süden und Westen auf dem Weg nach Norden und
Osten. Für die umliegende Bevölkerung ist Ambositra ein
Zentrum mit Spital (Pest ist endemisch in der Region um
Ambositra), Banken und Schulen. In der Stadt leben über 300 Händler.
Der Ort ist ein wichtiger Stützpunkt der katholischen Kirche
mit Schulen, Seminarien und Klöstern. Ambositra und
insbesonders Fandriana haben den Ruf, die besten Schulen und die
beste Schulbildung Madagaskars zu bieten.
Wichtig
sind auch die Verkaufsläden für die
Zafimaniry-Schnitzereien in Ambositra. In der Stadt selber leben
rund 70 Schnitzer von ihrer Arbeit.
In
Ambositra befindet sich der weisse Elefant HODIMA und eine Zündholzfabrik.
Die HODIMA wurde südlich der Stadt Ambositra gebaut und sollte
Rinderhäute zu Leder verarbeiten. Beim Planen vergass man
aber, dass die Region kein ausgesprochenes Rindergebiet ist und
dass die Abwässer - ungereinigt - sich in die Reisfelder
ergiessen würden. Die Fabrik, obwohl mit Maschinen ausgerüstet
und betriebsbereit, hat nie funktioniert. Die Zündholzfabrik
AFOMA, auf privater Basis mit indischer Technologie geschaffen,
nahm 1991 den Betrieb auf.
Gegen
Osten hin fällt das Hochland in die bewaldete Falaise ab,
gegen Westen hin nimmt die Bevölkerungsdichte (bis auf
weniger als 2 Pers/ km2)
ebenso wie der Anbau von Reis stark ab, Viehzucht ist dominant,
allerdings gefährdet durch die Aktivitäten der dahalo.
Die Dörfer sind weit verstreut und isoliert. Diese Region
hat erhebliche - noch grösstenteils unausgebeutete -
Bodenschätze, insbesonders Marmorvorkommen in
Ambatofinandrahana, aber auch Aragonite, Kaolin, Kupfer, Beryll,
Quarz, Eisen. Einzig Kupfer und Schiefer wurden während der
Kolonialzeit ausgebeutet. Noch heute sieht man in
Ambatofinandrahana altehrwürdige Häuser mit noch intakten
Schieferdächern. Der Abbau von Marmor begann 1967 durch das
Unternehmen SEVMACAM und entwickelte sich gut, doch 1989 gab das
Unternehmen auf. Die Aktivitäten wurden 1991 mit
italienischem Kapital wieder aufgenommen. Auch Edel- und
Halbedelsteine finden sich in der Region und werden eher auf
spontaner Basis gewonnen und verkauft.
Von
Fianarantsoa führt die RN 7 über Ambalavao nach Ihosy. Der in
einem weiten Talkessel gelegene Ort Ambalavao mit seinen
10’000 Einwohnern gilt als Pforte zum Süden Madagaskars. Die
Strasse wurde in den 1930er Jahren gebaut und machte aus dem
kleinen Dorf Ihosy einen Etappenort zwischen Fianarantsoa und
Tulear. Das Städtchen mit seiner heutigen Bevölkerung
von 7000 Leuten bildet ein wichtiges Zentrum eines riesigen
Hinterlandes, das jedoch in grossen Teilen aus Enklaven besteht,
die nur sehr schwer zu erreichen sind. In dieser Zone, die einen
Viertel der Provinz ausmacht, leben mit 127’000 Menschen
allerdings nur 3% der Leute der Provinz. Die Region gehört
zu den am wenigsten besiedelten Gegenden Madagaskars.
Das
Klima dieser Südhälfte der Provinz ist bereits arid. Zwar
fallen zwischen November und März 827 mm, doch die
restlichen 7 Monate bei einem ständig wehenden Südostwind
sind ausgesprochen trocken.
Westlich
von Ihosy öffnet sich die auf 700 müM gelegene Ebene von
Horombe. Die trockene und baumlose Savanne ist mit 1 bis 2
Personen pro km2
kaum bevölkert. Die wenigen Bewohner leiden unter einem
gravierenden Mangel an Holz und Holzkohle. Buschfeuer sind
regelmässig und führen zusammen mit der Winderosion zu
einer dramatischen Verarmung der Böden. Die trostlose Ebene
des Horombe wird von den Gebirgsdomen des Isalo begrenzt. Wie
eine Oase liegt der kleine Ost Ranohira an den Felsen des Isalo.
Er ist ein Etappenort für die Reisenden nach Tulear und
Ausgangspunkt für touristische Wanderungen in den 815 km2
grossen Nationalpark des Isalo-Gebirges.
Die
Region südöstlich von Ihosy zählt zu den
isoliertesten Gegenden Madagaskars. Dominiert wird die Region
von den zahlreichen Bergzügen um den Pic Boby (2658 müM).
Dazwischen liegen die fruchtbaren Ebenen von Ivongo und Ivohibe.
Die sehr verstreuten Siedlungen entlang der Flüsse Ionaivo und
Menarahaka sind von Ihosy so gut wie abgeschnitten. Die Flüsse
(Ihosy, Ionaivo und Menarahaka) öffnen Täler,
flankiert durch bebuschte, meist abgeholzte Hügel und
Granitgebirge. Einzig in Ivohibe und Iakora existiert noch ein
substantieller Baumbestand von 187’500 ha. Der Ihosy fliesst
nach Westen und ist ein Zufluss des Mangoky, während
Ionaivo und Menarahaka sich nach Osten in den Mananara (Vangaindrano)
ergiessen. Doch die Öffnung gegen Osten ist nicht durch
eine Strasse erschlossen. Die frühere Verbindung von Ihosy nach
Farafangana und Vangaindrano (RN 27) ist nicht mehr befahrbar.
Die Güter zwischen Ranotsara, wo die Strasse aus Ihosy endet,
und Iakora werden auf Pirogen auf dem Fluss Ionaivo
transportiert oder auf dem Rücken getragen. Dies führt auch zu
grossen Problemen beim Verkauf von Landwirtschaftsprodukten,
ebenso wie bei der Gesundheitsversorgung und dem Schulwesen.
Weit über die Hälfte der Schulen der Region sind
geschlossen.
Ihosy
hat auch den zweitwichtigsten Viehmarkt nach Ambalavao in der
Provinz Fianarantsoa, denn Ihosy liegt näher an den
Viehgebieten und konkurriert den Markt von Ambalavao in direkter
Weise.
Obwohl
die Region von Ihosy, die zu mehr als 80% von Bara bewohnt ist,
ein ausgesprochenes Viehgebiet ist, hat die Anzahl Zebu in den
letzten Jahren infolge der Unsicherheit durch die dahalo auf die
Hälfte abgenommen.
Die
Bara sind in erster Linie Viehhalter. Ihr Stolz und ihr ganzes
Bewusstsein drehen sich um ihre Rinderherde. Das Zebu ist
Sparkasse für Notzeiten, hat einen erheblichen Prestigewert und
bestimmt somit den sozialen Rang des Besitzers. Doch auch die
Bara sind Opfer und zuweilen Täter im System der dahalo
(auch malaso genannt), das insbesonders Ende der 1970er und in
den 1980er Jahren einen neuen Aufschwung nahm. Viehdiebstahl war
früher ein Beweis der Männlichkeit im heiratsfähigen
Alter. Seit den 1980er Jahren jedoch üben bewaffnete Banditen
richtige Raubzüge auf Viehherden, Weiler und Dörfer aus
und terrorisierten die Bevölkerung. Viele Bara haben ihre
gesamte Herde verloren und sich vermehrt der Landwirtschaft
zugewandt, sie sind allerdings keine guten Bauern. Andere sind
abgewandert, um sich als Viehhirten zu verdingen.
Der
ganze Süden der Provinz - wie auch der Westen und zunehmend gar
das Hochland - leidet unter dem ländlichen Banditentum. Das
Phänomen der dahalo müsste als dringlichste Aufgabe gelöst
werden. Die Region stagniert in Unsicherheit und Abwanderung.
Die einstigen Reisfelder in den Flusstälern des Ihazofotsy
(entlang der RN 7 Richtung Tulear) und etlicher benachbarter Flüsse
sind verlassen oder werden nur noch sporadisch genutzt. Aber
auch Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehhaltern sind häufig.
Die
Leute sind gar aus den unsicheren Gegenden (Ivongo, Begogo,
Menamaty Iloto) abgezogen und haben in den Zuwanderergebieten
einen verstärkten Bevölkerungsdruck verursacht,
insbesonders in der direkten Umgebung von Ihosy, wo in einem
Umkreis von 20 km 40 Pers/ km2
leben. Die Ortschaft Ankily, drei Kilometer westlich von Ihosy
an der RN 7, ist mit ihren 3000 Personen hauptsächlich aus
Immigranten entstanden.
So
bildet das Bassin von Ihosy eine stark bevölkerte Oase und
Zufluchtsstätte inmitten einer monotonen und wenig bevölkerten
Landschaft.
Die
Täler der Region von Ihosy waren früher auch
Einwanderungsgebiet von Betsileo und Merina, insbesonders im
Osten von Ihosy (in Antambohobe sind die Hälfte Betsileo).
Ebenso sind aus dem Osten über die Falaise die Antaisaka
eingewandert und bilden starke Bevölkerungsanteile in der
Umgebung von Iakora und Ranotsara.
In
den grösseren Orten und auch in Ihosy nehmen die Merina und
Betsileo auch die Stellung von Händlern ein und sind in der
Verwaltung tätig. Dreiviertel aller Händler der Region
sind aus anderen Regionen eingewandert.
Neue
Impulse machen sich in Ihosy nur zögernd bemerkbar.
Industrie gibt es keine. Einzig in Sahambano (in der
unmittelbaren Umgebung östlich von Ihosy bei Befanaova)
wird seit jüngster Zeit Weinbau betrieben und verarbeitet (185
hl 1989). Diese Aktivität hat zwei Dutzend Arbeitsplätze
geschaffen.
In
Ihosy und in Mahasoa, nördlich von Ihosy, wird seit den
1960er Jahren Baumwolle angepflanzt. Doch die Produktion ist
stark rückläufig. Die Anlagen zur Verarbeitung von
Baumwolle, 1982 von HASYMA in Ihosy installiert, wurde 1986 nach
Tulear transferiert.
Tabak
wird von rund 600 Bauern in Ankily angebaut. In Ivohibe wurde
mit wenig Erfolg Kaffee (arabica) angebaut.
Trotz
der latenten Wasserknappheit ist das Hauptanbauprodukt mit 70%
der bebauten Fläche der Reis. Die über 30 Bewässerungsanlagen
(15’000 ha) der Region um Ihosy sind zum grössten Teil
ausser Betrieb mangels Unterhalt oder infolge der Abwanderung
der Leute wie in Ilakaka - obwohl dieser Ort im Isalo direkt an
der RN 7 liegt. Der Reisertrag liegt bei 1,3 Tonnen, aber in den
fruchtbaren Ebenen von Ihosy und Ranotsara und in den Tälern
von Ivohibe werden 1,7 bis 2 Tonnen pro Hektare geerntet.
Angebaut
werden auch Maniok, Mais und Erdnüsse. Zudem noch etwas Süsskartoffeln,
Bohnen und Zuckerrohr. Der Fruchtwechsel in Gegensaison ist so
gut wie inexistent. Ein grosses Problem stellt das Fehlen von
Zugtieren für die Feldarbeit dar. Viele Bauern sind genötigt,
alle Feldarbeit von Hand auszuführen.
Reis
wird verkauft, Mais, Bohnen und Erdnüsse ebenfalls. Maniok
dient als Reservenahrung und wird kaum vermarktet.
Fischfang
wird auf Familienbasis entlang der Flüsse betrieben. Ein Teil
des Fangs wird frisch verkauft. Der Fluss Ihosy ist gar überfischt.
Im Bassin von Ihosy wird auch Reisfischerei betrieben.
Das
Hochland fällt gegen Osten hin steil ab. Die Hangzone ist
noch grösstenteils mit Wald bedeckt. Dort befindet sich
auch das 45’000 Hektaren grosse Naturreservat von Ranomafana.
Die Falaise ist ein Kerngebiet zum Anbau von Kaffee, gepflanzt
werden auch Reis und Bananen. Die Flanken des Hochlandes gehen
über Hügelzüge mit degradierten Wäldern und von savoka
bewachsen in die 20 bis 50 km breite und
flache Küstenzone über, wo ebenfalls Kaffeeanbau und Reis
dominieren. Die unmittelbare Küstenzone ist meist von Dünen
und Lagunen durchsetzt und landwirtschaftlich nicht genutzt.
Das
Klima ist heiss und feucht mit einer durchschnittlichen
Temperatur von 20° und Regenfällen von 2400 bis 2950 mm
pro Jahr, Hauptregenzeit ist zwischen Dezember und April. Die
Region liegt im direkten Einfallsgebiet der Zyklone, die
zuweilen bis ins Hochland steigen.
Die
schwer zugängliche und noch stark waldbewachsene Falaise
wird von den Tanala (Leute des Waldes) bewohnt und weist eine
Bevölkerungsdichte von 25 bis 50 Pers/ km2
auf. Die Küstenzone hingegen ist stark bevölkert, wenn
auch ungleichmässig. Die Bevölkerung konzentriert sich
vor allem in den fruchtbaren Flusstälern, wo sie, wie im
Unterlauf des Matitanana 150 Pers/ km2
erreichen kann.
Die
Bevölkerungsdichte nimmt entlang der Küste von Norden nach
Süden zu: in Nosy Varika beträgt sie 43 Pers/ km2,
in Vohipeno mehr als 100 Pers/ km2.
Die
Küstenzone und ihr Hinterland wird von einer Vielzahl an Völkern
bewohnt. Im Norden zur Provinz Tamatave hin wohnen die
Betsimisaraka. Die eher an ihr Land gebundenen Antambahoaka sind
in der Region um Mananjary am Unterlauf des Flusses Mananjary.
Die sehr mobilen Antaimoro haben ihr Kerngebiet um Vohipeno am
Unterlauf des Matitanana. Sie sind aber entlang der ganzen Küste
von Manakara bis nach Nosy Varika verstreut.
Die
Zafisoro leben nördlich von Farafangana an den Flüssen
Manampatrana und Manambavana und widmen sich intensiv der
Reiskultur. Seit Jahrhunderten liegen sie im Streit um
Landrechte mit den Antaifasy, ein Kampf, der immer wieder
aufflackert und im September 1990 etliche Tote gab.
Die
Antaifasy (Leute des Sandes) leben in der Gegend um Farafangana.
In früheren Jahren emigrierten sie oft als Saisonarbeiter, zum
Beispiel als Landwirtschaftsarbeiter an den Lac Alaotra, um sich
mit dem ersparten Geld Vieh zu kaufen.
Südlich
davon im Tal des Mananara leben die Antaisaka. Auch sie haben
eine alte Emigrationstradition.
Dazu
kommen eingewanderte Merina und Betsileo, die vor allem in den
grösseren Dörfern und oft als Händler leben.
Nicht zu vernachlässigen ist die Gemeinde der Chinesen und
der chinesisch-madagassischen Mischlinge, die vor allem im
Handel und im Aufkauf von Exportprodukten tätig ist.
Indo-Pakistaner sind an der Ostküste sehr selten.
Der
Schulbesuch in der Osthälfte der Provinz liegt weit unter
dem Landesdurchschnitt, unter anderem infolge der vielen
isolierten Gegenden, der zerstörten Schulhäuser
(Zyklone) und mangelnden Lehrern. Kaum ein Drittel der Kinder
besucht die Schule. Krankenpflege ist ebenfalls prekär und
dies in einer Region, die Malaria, Pest und Lepra kennt.
Mehr
als 90% der aktiven Bevölkerung lebt von der
Landwirtschaft. An der Ostküste ist der Bebauer meist auch der
Besitzer des Landes, der Pächterstatus ist kaum verbreitet.
Die
Landwirtschaft nimmt eine zentrale Rolle ein und hier fast
ausschliesslich der Anbau von Reis zum Eigenkonsum und Kaffee
als Cash Crop (Kommerzialisierung von 90% der Ernte). Die beiden
Produkte bedecken 70 bis 75% der kultivierten Fläche, wobei
der Reisanbau flächenmässig vor dem Kaffee kommt. Die
Reiserträge sind mit 1 bis 1,4 Tonnen pro Hektare schwach.
Der Gebrauch von Pflügen ist noch wenig verbreitet. Der Kaffee
ist jedoch die Hauptquelle von Geld für den Grossteil der
Bauern. Doch die Ernte fluktuiert, im Schnitt gibt es nur alle fünf
Jahre einen guten Ertrag. Gründe dazu sind die überalterten
Baumbestände, dies betrifft mehr als 50% der Kaffeebäume,
Evakuierungsprobleme mangels Strassen und die Schwankungen des
Weltmarktes.
Dazu
werden - in geringerem Mass - Pfeffer (als Liane nutzt sie den
Kaffee als Stütze und Schatten) und - insbesonders in
Farafangana - Nelken gepflanzt, ebenso wie Zimt. Andere
Exportprodukte werden nur am Rand angepflanzt.
Der
wenig geschätzte Maniok wird als Nahrung für Notzeiten
angebaut, wie auch Süsskartoffeln und Taro. Maniok und Süsskartoffel
werden kaum kommerzialisiert.
Fruchtbäume
(Orangen, Mandarinen, Zitronen, Avocados) finden sich bei fast
jedem Haus. Bananen (Erntezeit September bis Januar) wachsen so
gut wie überall und finden sich, vor allem aber auch in der
Region um Ifanadiana und Mananjary. Geerntet werden um die
200’000 Tonnen pro Jahr. Die Bananen werden zu 90%
eigenkonsumiert oder auch als Tierfutter (Schweine) benutzt.
Zuckerrohr (Erntezeit Mai) wird in der Gegend von Ikongo
und im Hinterland um Midongy und Befotaka angebaut. Aus
dem Zuckerrohr wird Rum gewonnen, der in der ganzen Provinz
begehrt ist.
Trotz
dieser Vielfalt hat die Bevölkerung Mühe, sich zu ernähren,
insbesonders auch, weil die Ernten sehr variabel ausfallen. Die
Region ist defizitär in der Produktion von Reis. Obwohl der
Reis mehrheitlich zum Eigenkonsum angebaut wird, wird oft ein
Teil (35%) davon verkauft, denn in der période de soudure von
Oktober bis Dezember geraten viele Familien in Schwierigkeiten.
In diesen Zeiten wird auf das Notprodukt Maniok zurückgegriffen.
Maniok wird oft erst angebaut, wenn der vary hosy (Reis der
ersten Saison) nicht gut ausgefallen ist oder wenn eine
schlechte Ernte voraussehbar ist.
Der
Abtransport der Produkte gestaltet sich für etliche Regionen
als äusserst schwierig. Nicht selten muss die Ernte auf dem
Rücken und per Piroge zum Aufkäufer transportiert werden.
Dies führt zu zusätzlichen Kosten für den Produzenten
oder zu einem verschlechterten Ankaufspreis durch den Händler.
Die
Küstenzone ist mit einer Eisenbahnlinie und der RN 12
verbunden, doch diese Wege öffnen letztendlich nur schmale
Korridore. Die opération de développement agricole du Sud Est
(ODASE) hat zwar hunderte von Kilometern 'Kaffeepisten' gebaut,
trotzdem bleibt der Grossteil des Küstenhinterlandes nur schwer
zu erreichen und eine Verbindung der Küste entlang nach
Fort-Dauphin existiert nicht.
Viehhaltung
nimmt keinen grossen Stellenwert ein. Das Vieh stammt zu einem
guten Teil aus dem Hochland. Die Rinder werden in extensiver
Weidewirtschaft gehalten und nicht gemästet, eine Aufzucht
von Jungvieh ist nicht sehr ausgeprägt. Geschlachtet werden
die Tiere allenfalls anlässlich von Feierlichkeiten. Das
Problem der dahalo stellt sich in der Ostküstenregion nicht.
Ziegen
und Schafe werden nicht gehalten. Schweine werden gehalten, sind
aber für die islamischen Antaimoro fady. Die Betsileo haben
insbesonders in der Region um Vangaindrano die Schweinehaltung
eingeführt. Diese Region liefert pro Monat 100 bis 150 Schweine
nach Farafangana und Manakara, die Stadt Farafangana konsumiert
pro Monat 50 Schweine. Die Tierhaltung leidet an der ungenügenden
veterinärischen Betreuung und den mangelnden Medikamenten.
Obwohl
Meer und Flüsse fischreich sind, nimmt der Fischfang meist nur
eine sekundäre Rolle ein. Zwar haben sich einige Dörfer
(Ankatafana bei Mananjary oder Ampasimeloka bei Vohipeno und
andere) auf Fischfang und Räuchern der Fische
spezialisiert, doch in Vohipeno beispielsweise isst eine Person
nur gerade 30 Gramm Fisch pro Jahr. Fischnetze sind kaum in
Gebrauch. Hingegen hat sich in den letzten Jahren der Fang von
Krustentieren boomartig entwickelt. Die Langusten, Krabben und
Riesenkrabben gehen zumeist in den Export. In Vangaindrano wird
bereits rund eine Tonne in der Saison von Mai bis November
gefangen. Auch trépang wird nach China exportiert, bichiques
nach Afrika. Die unsichere Kühlung und die mangelnde
Verarbeitung des Fangs stellen jedoch weiterhin Probleme.
Industrie
ist an der Ostküste der Provinz nur in geringem Mass vorhanden.
Die SOMAPALM betreibt aufgrund ihrer Palmplantage von 500
Hektaren bei Ambila-Manakara eine Mühle und verkauft das Öl
den Seifenfabriken von Antsirabe und Antananarivo. Seit 1983 röstet
die KAFEMA in Manakara Kaffee, ein Teil wird exportiert. Mit der
Rehabilitierung des Pangalana-Kanal entstand 1983 in Mananjary
eine Werft. Die ACN (Atelier de Construction Navale) beschäftigt
um die 90 Personen und baut Schaluppen und Fiberglasboote.
Auf
handwerklicher Basis flechten Frauen Körbe, Matten und Hüte
aus Ravenala und Lianen, die oft von weit her geholt werden müssen.
Ein paar Schreinereien nutzen das Holz der Wälder zur
Herstellung von Möbeln und Pirogen. Mehr als 1000 Tonnen
Holz werden aus Farafangana in die anderen Provinzen exportiert.
Bergbau
wird nicht betrieben, ausser die gelegentliche Suche nach
Halbedelsteinen in der Region um Vangaindrano.
Die
beiden Hafenstädte Mananjary und Manakara üben gleiche
Rollen aus, allerdings befindet sich Manakara als Ausgangspunkt
der Eisenbahn im Vorteil. Dafür ist der Flughafen von Mananjary
besser ausgebaut als jener von Manakara.
Beide
Städten sind koloniale Gründungen und leben von ihren
Aussenbeziehungen. Beide haben mit den ungünstigen Küstenverhältnissen
zu kämpfen und müssen die grossen Schiffe mit Schaluppen
entladen. Beide dienen auch als Lagerstätten und
Verpackungsorte für Exportprodukte. Manakara expediert rund
10’000 Tonnen landwirtschaftliche Produkte pro Jahr, wobei
Kaffee 95% ausmacht. Mananjary schlägt bloss einen Viertel
davon um. Beide leiden unter schwankenden Gütermengen, die mit
der Kaffeeproduktion direkt liiert sind. Bezüglich Importen ist
Manakara dank der Eisenbahn im Vorteil, bergauf werden vor allem
Treibstoff und Grundgüter befördert. Mananjary hat mit der
Neueröffnung des Pangalana-Kanal (1990) allerdings eine
gewisse Aufwertung erfahren.
Der
24 Meter breite und 1,5 Meter tiefe Pangalana-Kanal verbindet
auf 438 Kilometern die beiden Städte Tamatave und Mananjary,
dazwischen liegen vier Flusshäfen (Ambila-Lemaitso,
Vatomandry, Mahanoro, Nosy Varika) mit Lagerhäusern von je
1000 Tonnen Kapazität. Er soll der Evakuierung der
Exportprodukte in einer Zone dienen, die per Strasse kaum zu
erreichen ist. Das Grundproblem dieses Kanals bleibt die stete
Versandung von Teilstücken.
In
der Region um Mananjary gab es grosse Kaffeeplantagen der Europäer,
die ab 1972 in Staatshände übergingen. Den nachfolgenden Rückgang
der Produktion spürten auch die beiden Hafenstädte. Heute
ist der Kaffeeexport nur noch klein, die Händler schaffen
ihn lieber per LKW direkt nach Tamatave, denn die
Schiffsladungen aus Manakara und Mananjary müssen in jedem Fall
in Tamatave auf grosse Überseefrachter umgeladen werden.
Manakara hingegen konnte auch von der Schliessung des Hafens in
Farafangana (1958) profitieren und verfügt über ein
produktiveres und grösseres Hinterland als Mananjary. So
ist Manakara heute ökonomisch wichtiger und schlägt
zehnmal mehr Waren um als Mananjary.
In
den Städten Mananjary und Manakara, ebenso wie in
Farafangana und Vangaindrano stehen nur wenige Häuser aus
Stein und Beton. Es sind dies meist administrative Gebäude
und Häuser von Händlern. Die Mehrzahl der Häuser
ruhen auf fusshohen Pfosten, sind rechteckig und weisen kaum
Stehhöhe auf. Diese vollständig aus Pflanzenmaterial
erbauten und bedeckten Behausungen hinterlassen einen
provisorischen Eindruck, erweisen sich aber nach Zyklonen als
geeignete Bauweise, denn die Häuser sind sehr schnell
wieder aufgebaut. Solche Häuser beherbergen fünf bis sechs
Bewohner, haben weder Strom, Wasser noch sanitarische Anlagen.
Ein
noch sehr bescheidener Tourismus hat sich entwickelt, unter
anderem auch im Thermalort Ranomafana mit dem angrenzenden
Naturreservat, wo 1987 der Goldene Bambuslemur entdeckt wurde.
Viele Touristen erleben die Falaise der Ostküste mit der
Eisenbahn und durchqueren dadurch Dörfer und Landschaften,
die kaum Beziehungen mit der Aussenwelt unterhalten.
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