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PRIORI, das Reisebüro für und in Madagaskar

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Madagaskar, das PRIORI-Buch

Franz Stadelmann

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Madagaskar: Symbiose zwischen Gestern und Heute

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Naturschutz

Schon die ersten Besucher Madagaskars waren von der Vielfältigkeit der Flora und Fauna beeindruckt, obwohl die ursprüngliche Walddecke schon vor fünfhundert Jahren in weiten Gebieten verschwunden war.

Die zunehmende Bevölkerungsdichte in Zentralimerina übte einen immer stärkeren Druck auf das bislang unberührte Naturland aus.

Zur Zeit von Andrianampoinimerina (zu Beginn des 19. Jahrhunderts) war es formell verboten, Wälder anzuzünden. Der grosse König sah im Wald allerdings weniger eine erhaltenswerte Naturlandschaft, als vielmehr einen sicheren Verbündeten (General hazo) gegen eine Invasion von fremden Mächten.

Brennholz und Holzkohle wurden im 19. Jahrhundert wiederholt zum gesuchten Artikel in der Hauptstadt des Merinareiches. Der Artikel 99 der 305 Artikel von 1881 deklarierte die Wälder und die freien Flächen als Staatsbesitz, die weder verkauft noch vermietet werden durften. Zudem wurde im gleichen code festgeschrieben, dass jeder, der Wald abholzte, um Reis oder Maniok zu pflanzen, mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden sollte.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts gelangten die Waldgebiete unter sehr starken Druck: Abholzungen, Brandrodungsfeldbau (tavy) und Holzausbeute führten zu einer drastischen Reduktion des Bestandes. Aber auch die Weidebrände vernichteten die Bodenfauna zum Preis einer kurzen Grasflur.

Als Gegenmassnahme verbot die Kolonialadministration den tavy und schuf 1927 in Madagaskar das erste Naturreservat Afrikas. Trotzdem waren weniger als ein Drittel der Oberfläche Madagaskars vor 1960 mit Wald bedeckt, während die Abholzung um 150’000 ha pro Jahr betrug.

Als die Kolonialmacht 1960 abzog, verstanden die Bauern dies als Freipass für neue Freiheiten und übten die Praktik des tavy wieder aus. Die jetzigen Vorschriften und Gesetze sind zwar noch strenger als jene der Kolonialzeit, so wurden 1987 wichtige Erlasse zum Schutz gegen Holzeinschlag und tavy erlassen. Doch die Durchsetzung dieser Vorschriften mangelt aus vielen Gründen: unmotiviertes und ungenügendes Personal, Landknappheit und Bevölkerungsdichte, Implikation von Beamten in illegale Aktivitäten. Wenn die Waldzerstörung im gleichen Mass weitergeht, wird im Jahre 2020 kein tropischer Wald mehr übrig bleiben.

Die verschiedenen Regierungen gaben sich zwar Mühe, die Flora und Fauna zu schützen und demonstrierten das auch gegen aussen. So wurde die erste internationale Umweltschutzkonferenz 1970 in Madagaskar abgehalten. Doch der Naturhaushalt bleibt nachhaltig gestört und ist nach wie vor stark gefährdet. Die Bevölkerung, selber unter Druck, bringt kaum Verständnis für den Schutz von Flora und Fauna auf. Der Naturschutz bleibt im wesentlichen ein von aussen aufgezwungener Fremdkörper - und hat dementsprechend Erfolg.

Die unter grünem Mantel agierende Weltbank liess in Madagaskar seit 1988 einen 'plan d'action environnemental' (PAE) erarbeiten, dieser im Februar 1990 von der Regierung - auf Druck der Weltbank - akzeptierte PAE mit einer Gültigkeitsdauer von 1990 - 2005 ist der erste seiner Art in Afrika. Madagaskar hatte schon 1985 eine 'commission nationale de la conservation pour le développement' eingerichtet und eine Konferenz zur Fomulierung einer nationalen Strategie zur Konservierung der natürlichen Ressourcen einberufen. Das Management des PAE wird von einer Cellule vorgenommen (CAPAE), die dem Planungsministerium unterstellt ist, ebenso wurde 1990 ein 'office national de l'environnement' (ONE) geschaffen. Insbesonders die Aufforstung ist ein spezielles Anliegen der PAE. 1990 wurde eine madagassische Umweltcharta gar in die Gesetzestexte aufgenommen.

Trotzdem treibt die Insel einem ökologischen Desaster entgegen. Die Weltbank schätzt die Kosten der Zerstörung auf 180 bis 300 Mio. US-$ pro Jahr. Die Bemühungen von WWF, CONSERVATION INTERNATIONAL, USAID und sogar der Weltbank erleben immer wieder Rückschläge. Letztlich ist auch in diesem Bereich gültig, was fast im ganzen madagassischen Umfeld Gültigkeit hat: die legalen Rahmen existieren zwar, werden aber nicht durchgesetzt und können ohne viel Mühe umgangen werden.

Die tsingy (Karstspitzen) von Bemaraha wurden von der UNESCO als Welt-Kulturerbe deklariert und landesweit bestehen um die 40 Naturschutzgebiete mit unterschiedlichem Status, die theoretisch fast 2 % der Landesfläche abdecken. Doch es gilt allerdings nicht, umzäunte 'zoologische Gärten' abzustecken und von den Einflüssen der benachbarten Menschen abzuschirmen. Die Herausforderung besteht darin, die Bedürfnisse der Menschen so in jene der Natur einzubetten, dass sowohl die Menschen ein Auskommen finden, als auch irreparable Naturschäden verhindert werden. Dabei kann es in den seltensten Fällen um den Einzelschutz von gefährdeten Exemplaren gehen, sondern vielmehr um den Schutz des ganzen Biotops, in dem dieser Vertreter lebt. Das Ökosystem als Einheit muss erhalten bleiben, um einen langfristigen Schutz wirksam für Flora und Fauna zu machen.

Aufklärung ist dabei ein erster wichtiger Schritt, dann aber auch eine umwelterträgliche Bewirtschaftung der Schutzzonen und zudem - als wohl wichtigsten Faktor - eine wirtschaftliche Besserstellung der Bevölkerung. Dass dies nicht ohne eine effiziente und aktive Mithilfe der offiziellen Stellen geschehen kann, versteht sich.

Madagaskar ist der Schauplatz einer der grössten ökologischen Katastrophen der Menschheit. Die Zeit drängt, denn Madagaskar befindet sich bereits in der Gefahrenzone, tatsächlich ein roter Backstein zu werden.

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Der Ethnologe Franz Stadelmann kam 1988 als Entwicklungshelfer nach Madagaskar. 1994 gründete er das madagassische Reisebüro PRIORI in Antananarivo. PRIORI organisiert Reisen mit mehr Hintergrund und tieferen Einblicken in die Licht und Schatten dieser Insel im Indischen Ozean. 'Sanftes Reisen' soll den BesucherInnen als auch den Besuchten gegenseitiges Verständnis erwecken. PRIORI engagiert sich auch sehr im sozialen und kulturellen Leben Madagaskars. PRIORI steht für Ihre Reisepläne gern zur Verfügung - auch in deutscher Sprache.

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