Interviews
von Franz Stadelmann, 20. und 21. Juli 2005
priori madagascar

Roland Zimmermann Depotchef Trogenerbahn

Ich habe über 14 Jahre bei der Forchbahn gearbeitet und bin nun schon lange im Appenzell. Daher ist dies ein doppelter Abschied, weil ja mit dem Rheinschiff Kompositionen der Trogenerbahn und der Forchbahn weggehen.

Der Triebwagen mit Personenabteil für 36 Sitzplätze verkehrt seit 1952 auf dem Netz der Trogenerbahn. Er wurde damals bei Schindler in Prattelen für die Trogenerbahn gebaut. Er war in Betrieb bis vor rund 2 Jahren, danach wurde er kaum noch benutzt. Der Triebwagen hat seit 1952 total 1'293'751 km gemacht. Das wissen wir sehr genau dank unserem Fuhrparkmanagement.
Der Triebwagen ist betriebsfähig. Er hat vier Motoren zu je 125 PS, gebaut von der damaligen Maschinenfabrik Oerlikon (MFO). Bei unserem steilen Netz konnte er zwei Anhänger ziehen. Wir sind mit 76 Promille Steigung die steilste Meterspurbahn in der Schweiz und haben ein Promille mehr als die Berninabahn. Unsere Bahnlinie ist 9,8 km lang. In den Spitzenzeiten morgens, mittags und abends fährt alle Viertelstunde ein Zug, sonst alle 30 Min. Dies beansprucht 5 Kompositionen. In unserer Werkstatt machen wir alles vom Unterhalt, Revisionen und Reparaturen bis hin zu Umbauten.
Für mich persönlich ist der Weggang dieses Triebwagens auf einer Seite gefüllt mit Wehmut. Auf der anderen Seite ist dieses Fahrzeug für uns ist nicht mehr zeitgemäss und unterhaltsmässig ist es anspruchsvoll. Die Türen sind eng und wir müssen immer einen Anhänger mitnehmen, weil das Fassungsvermögen zu klein ist, dies bedingt eine zweite Person bei der Endstation, um an- und abzukuppeln.
Letztes Jahr machten wir Geleiseumbauten. Die Schienen haben wir herausgenommen mit den Schwellen und auf 15 Metern abgeschnitten und nach Madagaskar geschickt.

Andy Werthmüller Fahrer bei Toggenburger. Ehemals Stückgutfahrer, nun dienstältester Fahrer bei den Toggenburger-Schwergewichten

Hin und wieder gibt es sich, dass ich Trams transportiere. Es macht keinen Unterschied, ob man eine Eisenbahn oder eine andere Fracht fährt, aber die Leute schauen vielleicht mehr. 

Seit 16 Jahren mache ich Schwertransporte beim Toggi, aber es ist schwer zu sagen, was die schwierigste Fracht war. Die Herausforderungen sind immer unterschiedlich. Auch viele Schiffe haben wir gefahren. Ich mache das seit 16 Jahren bei Schwertransport beim Toggi.

Bruno Zweifel Fahrer bei Toggenburger. Transportierte früher Autos und danach Kies und arbeitet seit 6 Jahren bei Toggenburger.

Ich finde dies eine gute Sache, eine noch funktionierende Bahn einem anderen Land, das nicht soviel Geld hat, zu schenken. Der Triebwagen läuft noch und sieht einwandfrei aus.

Der Auflieger misst normal 12,5 Meter, jetzt ist das Bett um 15 Meter rausgezogen, das heisst der Zug mit Zugmaschine ist 24 Meter lang.Der Triebwagen ist 28 Tonnen schwer, wir haben also knapp 60 Tonnen Gesamtgesicht. Heute morgen transportierte ich ein Tram in Zürich, die leere Kiste hatte nur 13 Tonnen, war aber 5 Meter länger. Das Zürcher Tram wird nun verschrottet.
Wegen den Übermassen braucht es einen zweiten Mann, wir haben eine Höhe von 4,7 m. Wir können auch nicht auf die Autobahn damit. Mein Auto steht im Moment, daher bin ich hier dabei. Mal sehen, ob ich morgen auch mit dabei sein werde. In unserem Betrieb merken wir nichts von den Sommerferien. Mit den Krantransporten haben wir immer Arbeit.
Schwerverkehr ist eine saubere Sache, es ist die Herausforderung, die gut ist und immer mal was anderes bietet. Oft transportieren wir spezielle Sachen wie eben Trams und auch Überlängen. Schiffe habe ich transportiert und grosse Baumaschinen. Meist innerhalb der Schweiz, aber manchmal auch nach Deutschland. 

Eric Voyame Geschäftsführer ITS (International Transport & Shipping), Therwil

Wir haben die gesamte Transportkette von Speicher bis Madagaskar organisiert. Unser kleines Unternehmen mit 7 Leuten existiert seit 1991 und lebt vom Engagement. Wir können uns nur abheben gegenüber anderen, indem wir ein Mehr bringen zum gleichen Preis. 

Sicher ist auch dies für uns ein spezieller Transport, er ist aber nicht der erste. Wir haben bereits einen anderen Bahntransport nach Madagaskar organisiert. Mich persönlich faszinieren solche Transporte, seit ich in diesem Bereich meine Lehre im Speditionsgeschäft abgeschlossen habe. Wir schicken Wagen, Schienen und Schwellen - und zwar dorthin, wo die grösste Not ist.
Letzten September gingen 4 Forchbahnen plus Schienen. Und bereits ist das Thema von 17 Trams der VBZ in der Luft.
Unsere Firma macht alles, wir spedieren also auch die berühmte kleine Kiste von Zürich nach Paris. Wir sind ein Reisebüro für Güter, wir bauen die Glieder der Kette zusammen wie jetzt hier: es brauchte den Kranen, den Tieflader, es braucht das Rheinschiff und dann in Antwerpen das Hochseeschiff. Es braucht Zollabfertigung undsoweiter. Wir bieten also eine Fixlösung.

Erwin Werder Stationsvorsteher Trogenerbahn

Man hängt schon an diesem Zug, ich bin seit 29 Jahren hier und habe dies alles noch miterlebt. Es war noch eine richtige Eisenbahn, man musste noch Wagons umhängen und auch Güter zog man damit herum.

Damals gab es nebst dem Personentransport als Mitläuferverkehr noch Gütertransport. Wir befördern jetzt nur noch einen Teil der Post mit einem Postwagen. Die Automatisierung hat auch bewirkt, dass dieser Triebwagen nicht mehr gebraucht werden konnte. Wir mussten Leute haben in Trogen und St. Gallen, um die Wagen umzuhängen. Das wurde zu beschwerlich. Mit den neuen Kompositionen kann man reinfahren, den Führerstand wechseln und wieder abfahren. Bei der Trogenerbahn arbeiten 32 Leute.
Madagaskar ist weit weg. Ich bin schon etwas wehleidig. Aber ich finde es sinnvoll, dass man diesen Wagen wieder einsetzen kann, statt ihn zu verschrotten. Andere Anhänger sind zur Rheinbahn gegangen, wo sie bei den Besichtigungsbahnen der Internationalen Rheinregulierung (IRR) in Lustenau Personen transportieren.

Frank West
Initiator dieses Eisenbahnprojekts, das seit 6 Jahren andauert.

Wir haben die Chance, ein ernsthaftes und handlungsbereites Beziehungsnetz zu haben. Es gibt ein reelles Interesse hier in der Schweiz, um Madagaskar zu helfen. Die Erneuerung der Geleise wurde im südlichen Schienenetz schnell realisiert. In Tana ist dies anders. 
Wir haben es dort mit viel Bürokratie zu tun. Wir müssen zeigen, dass unsere Aktion kein blabla ist. Das grosse Presseecho im Rahmen dieses Konvois Nummero 7 zeigt, dass hier in der Schweiz viel Arbeit gemacht wird und sich die Leute in Madagaskar auch bewegen müssen. In Tana wurde noch niemand zum Verantwortlichen für den öffentlichen Verkehr ernannt. Jetzt ist eine Machbarkeitsstudie im Gang, die zeigen wird, welche institutionelle Montage zu machen ist: wird es ein staatliches oder halbstaatliches Unternehmen sein, oder ein privates? Das Material bleibt aber im Besitz der Stadt. Doch mit welchen Konventionen wird man mit Madarail arbeiten, um die Schienen zu nutzen? Wer wird den Unterhalt machen? Wer stellt die Fahrer an? Bis Ende 2005 werden die Wagen nicht fahren. Alles braucht Zeit: das Heranbringen des Materials, dann aber auch das Neuverlegen von Schienen. Dazu gibt es noch kein Budget, aber wenn die Machbarkeitsstudie im Oktober zeigen wird, dass dieses Projekt gut ist, dann wird die Weltbank dies finanzieren. Seit 6 Jahren arbeite ich für dieses Projekt und in dieser Zeit haben wir über 4000 Tonnen Material nach Madagaskar geschickt. Also insgesamt einen Wert von über 5 Mio. Schweizer Franken, gestiftet von 18 Schweizer Bahngesellschaften. Dies ist ein schönes Beispiel von Solidarität. Eine richtige Love Story.

Heini Egger Geschäftsführer Emil Egger AG

Wir haben den Kran gestellt. Dieses Bahnprojekt ist eine interessante Geschichte, es ist schön, dass man so was nicht gleich verschrottet, sondern einen anderen Einsatz sucht.  Für uns ist dies kein spezieller Job, wir waren schon ein paar Mal hier, die neuen Triebwagen haben wir transportiert und auch abgeladen. 

Es ist immer heikel, man muss Millimeterarbeit machen. Ich selber bin hier, weil Ferienzeit ist und so muss ich auch einspringen. Ich habe die Kranprüfung. Wenn man über 200 Leute hat, ist das zwar schon eine Seltenheit, dass der Firmenchef selber noch geht.
Sonderbar ist schon, dass es nicht möglich ist, diesen Triebwagen von Speicher zum Rheinhafen per Bahn zu transportieren und es halt doch den Lastwagen braucht.

José Häfliger
Aussendienstmitarbeiter Toggenburger

Wir müssen morgen um 13.00 h im Auhafen sein, daher haben wir heute schon geladen. Das Beladen braucht immer Zeit. Bei diesem Transport ist es so, wie es sein sollte: der Egger lädt und wir fahren. Ökologisch ist das korrekt.

Der  Transport selber war nicht schwierig zu organisieren, wegen der Höhe von 4,65 müssen wir halt ein bisschen im Schilf rumfahren, weil auf der Autobahn nur 4,3 Meter zugelassen sind. Dieser Transport ist nur von der Länge und der Höhe her ein Ausnahmetransport. Alltäglich sind solche Transport zwar nicht, aber wir als Pneukran- und Spezialtransportunternehmen machen immer wieder solche Sachen. Wir transportieren alles, was hoch, breit und schwer ist.
Ich glaube, dieses Bahnprojekt ist eine gute Sache. In Madagaskar wollen sie den Elektromotor rausnehmen und einen Dieselmotor reinmachen. Das ist doch besser als verschrotten und auch ein Teil der Entwicklungshilfe. Ich möchte sehen, wenn sie diesen Wagon in Madagaskar ausladen. Als ich gestern Fotos der früheren Lieferungen gesehen habe, bin ich fast vom Hocker gefallen.
Ich bin technischer Berater und mache auch noch den Verkauf. Wenn eine Anfrage kommt, gehe ich das Material anschauen und mache die Offerte. Ich selber lernte Mechaniker bei Bernina, dann war ich bei Siemens-Albis im Einkauf, dann bei Bührle, danach war ich Lastwagenverkäufer bei Volvo. Vor 12 Jahren kam ich zum Toggi: es gefällt mir, es ist eine Superfirma und die Arbeit ist gut und abwechslungsreich. Jetzt muss ich noch 7 Jahre machen. Dann hätten wir es dann.

Melitta Sutter Geschäftsführerin Trogenerbahn

Mein persönlicher Eindruck ist, dass eine Geschichte der Trogener Bahn weggeht. Aber wir leisten einen guten Dienst, indem wir gutes Material auf die Insel Madagaskar schicken. Es gehen sehr wenig Ersatzteile mit, weil wir noch einen gleichen Wagen haben, der zwei Jahre jünger ist und als Zugfahrzeug des Partywagens dient. 

Den dritten haben wir abgebrochen, er war rostig und in schlechtem Zustand. Diesen hier haben wir 1992 revidiert und seither war er nie mehr richtig im Einsatz, also er ist in gutem Zustand. Die Führer sagen alle, es sei schade, dass er ginge, weil sie gern damit fuhren. Es braucht kein Spezialwerkzeug für diesen Triebwagen. Es ist pflegeleichtes Material, darum ist es auch ideal für Madagaskar. Wir haben noch Pendelzüge, die wir mit der Zeit dann nicht mehr brauchen werden, mal sehen, ob wir bei einem Madagaskar-Projekt wieder dabei sein werden. Wir beschaffen ja weiterhin neues Material.
Letztes Jahr gaben wir schon Schienen und Schwellen. Wir sind zwar auch nicht auf Rosen gebettet, aber wir helfen damit Madagaskar. In der Bevölkerung hier wurde dieses Vorhaben nicht gross diskutiert. Wir haben das Projekt vom Verwaltungsrat absegnen lassen und das wars dann.

Professor Heinrich Brändli
Verkehrsexperte ETH Zürich. War in Madagaskar für eine Machbarkeitsstudie.

Wir streiten hier um jeden Fahrgast und in Madagaskar gibt es unzählige.

Die Hauptstadt von Madagaskar beginnt, im Verkehr zu ersticken und dies bei einer kleinen Motorisierung. Es gibt keine Chance, diese Stadt autogerecht zu machen  - wie fast überall auf der Welt. Im Stadtbereich gibt es ein Bahnnetz von früher her, das zum Teil nicht mehr befahrbar ist, aber es ist frei, es hat keine Häuser oder Überbauungen auf dem Trasse. Ich denke, wir haben den Bürgermeister überzeugen können, dass dies ein gigantisches Kapital für die Stadt ist. Sie sollte unbedingt dieses Trasse behalten, damit es nicht verkauft oder bebaut wird. Auf Stadtgebiet sind es immerhin etwa 25 km. Es ist ein gut gelegenes Netz und ich lief die ganzen 25 km ab, schaute, wo man Haltestellen und Kreuzungspunkte machen könnte. Das sieht gar nicht so schlecht aus. Der Stadtpräsident wollte mit den Forchwagen gleich einen Probebetrieb machen, doch die Trasse muss erst erneuert werden. Die erste Strecke ab Bahnhof ist eine Doppelspur, beide Geleise existieren noch, aber nur eines ist funktionsfähig. Die Fernzüge benutzen diese Strecke auch. Man könnte ein System aufbauen, wie diese Doppelspuren zu benutzen wären. Die Triebwagen der Forchbahn sind beidseitig nutzbar, weil sie vorne und hinten Führerstände haben.  Aber sie müssen umgerüstet werden, weil es in Madagaskar kein Stromsystem gibt. Für einen Dieselmotor gibt es Offerten ab 60'000 sFr ab Fabrik, noch nicht eingebaut. Also braucht es noch einiges, bis der Göppel läuft. Denkbar wäre auch, das Netz mit einem grossen Dieselgenerator und Stromleitungen zu speisen. Alle diese Varianten müssten noch abgeklärt werden. Ich habe dem Staatspräsidenten gesagt: ihr selber müsst wissen, was ihr wollt und braucht. Jetzt laufen zwei Weltbankstudien, die Ende Jahr fertig sein sollen. Aber es braucht auch eine Projektorganisation vor Ort mit madagassischen Leuten. Sie müssen die Verantwortung übernehmen. Wir sind nur Geburtshelfer.

Alfred Rambeloson Madagassischer Botschafter in Genf. Stammt aus der Küstenstadt Mahajunga und war dort Hotelier.

In Mahajunga und anderen Städten gibt es kein Verkehrsproblem, das gibt es nur in der Hauptstadt. 

Es gibt existierende Schienen, aber man muss sie auswechseln. Man findet ohne Probleme eine Equipe, die das machen kann. Die Madagassen sind ja grosse Erfinder für solche Sachen. Die Realisierung hängt von der Stadtverwaltung ab. Wenn sie dies als Priorität nimmt, dann gibt es keinen Grund, dass sich das Projekt verzögert. Der Transport ist prioritär in Tana. Wenn wir von Mahajunga nach Tana kommen, dann leiden wir unter dem grossen Verkehrsaufkommen.

 

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